Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 10. Dezember 2024 (Az. VIa ZR 188/22) die Rechte von Verbrauchern im Abgasskandal gestärkt. Das Urteil klärt wichtige Fragen zum Schadensersatzanspruch bei Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen und hat weitreichende Folgen für betroffene Fahrzeughalter.
Der Kläger erwarb im Jahr 2013 einen gebrauchten Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4-Matic mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 5). Das Fahrzeug verfügte über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR), die das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) später als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandete. Der Kläger klagte daraufhin gegen den Hersteller auf Schadensersatz.
Zentrale Frage des Verfahrens war, ob dem Kläger neben dem sogenannten "großen Schadensersatz" (Rückabwicklung des Kaufvertrags) auch ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zusteht. Das bedeutet, ob der Kläger den Wertverlust seines Fahrzeugs aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung ersetzt bekommt, ohne den Kaufvertrag rückabwickeln zu müssen. Weiterhin war strittig, ob die Vorschriften der EG-FGV als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind und damit einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründen.
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte seine frühere Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21), wonach die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind und die Vermögensinteressen der Fahrzeugkäufer schützen. Demnach kann dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen. Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch vorliegen und gegebenenfalls die Höhe des Schadens feststellen.
Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für den Abgasskandal. Es bestätigt die Möglichkeit, Differenzschaden geltend zu machen, ohne den Kaufvertrag rückabwickeln zu müssen. Dies eröffnet betroffenen Fahrzeughaltern neue Wege, ihre Rechte durchzusetzen. Das Urteil dürfte zu einer weiteren Zunahme von Klagen im Abgasskandal führen.
Der BGH stärkt mit diesem Urteil die Rechte der Verbraucher im Abgasskandal. Die Möglichkeit des Differenzschadensersatzes bietet Betroffenen eine flexiblere Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte die Voraussetzungen und die Höhe des Differenzschadens in den einzelnen Fällen beurteilen werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2024 - VIa ZR 188/22 (abrufbar über die Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs).