Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. November 2024 (Az. 2 StR 290/24) den Teilfreispruch und den Strafausspruch des Landgerichts Erfurt vom 8. Februar 2024 in einer Jugendstrafsache aufgehoben. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Der Fall betrifft schwere Straftaten, darunter sexueller Missbrauch von Kindern und schwere Gewaltdelikte.
Das Landgericht Erfurt hatte den Angeklagten wegen verschiedener Delikte, darunter schwerer Raub, schwere Vergewaltigung und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Hinblick auf einen Anklagepunkt, der den versuchten schweren sexuellen Missbrauch von Kindern betraf, sprach das Landgericht den Angeklagten frei. Das Landgericht begründete den Freispruch mit einem strafbefreienden Rücktritt vom Versuch. Die Staatsanwaltschaft legte gegen den Teilfreispruch und den Strafausspruch Revision ein.
Der BGH sah im Freispruch einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO. Das Landgericht habe nicht ausreichend dargelegt, weshalb es zu keinem Oralverkehr gekommen sei und welche Feststellungen es zu diesem Sachverhalt getroffen habe. Zudem habe das Landgericht seine Kognitionspflicht verletzt, indem es nicht geprüft habe, ob sich der Angeklagte möglicherweise eines vollendeten sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht hat. Auch der Strafausspruch war nach Ansicht des BGH rechtsfehlerhaft. Die Begründung für die Anwendung des Jugendstrafrechts sei unzureichend gewesen, insbesondere im Hinblick auf das Alter des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Darüber hinaus habe das Landgericht bei der Entscheidung über die einheitliche Anwendung des Jugendstrafrechts nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Taten zeitlich nahe an der Vollendung des 21. Lebensjahres des Angeklagten lagen. Schließlich rügte der BGH, dass das Landgericht bei der Strafzumessung nur die schädlichen Neigungen, nicht aber die Schwere der Schuld berücksichtigt habe.
Der BGH hob den Teilfreispruch und den Strafausspruch auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Der BGH betonte, dass bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen eine geschlossene Darstellung der erwiesenen Tatsachen und eine nachvollziehbare Beweiswürdigung erforderlich seien. Das Landgericht habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Hinsichtlich des Strafausspruchs führte der BGH aus, dass die Anwendung des Jugendstrafrechts und die Entscheidung über eine einheitliche Jugendstrafe sorgfältig begründet werden müssten. Die Berücksichtigung der Schwere der Schuld sei bei schweren Gewaltdelikten unerlässlich.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Begründung von Freisprüchen und Strafaussprüchen in Jugendstrafsachen. Sie unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung des Entwicklungsstandes des Täters und der Umstände der Tat bei der Entscheidung über die Anwendung des Jugendstrafrechts. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis der Jugendgerichte und kann zu einer verstärkten Überprüfung der Strafzumessungspraxis führen.
Die Entscheidung des BGH im Fall 2 StR 290/24 ist ein wichtiger Beitrag zur Rechtsprechung im Jugendstrafrecht. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und umfassenden Prüfung aller relevanten Aspekte bei der Entscheidung über Freispruch und Strafzumessung. Die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ermöglicht eine erneute Beurteilung des Falls unter Berücksichtigung der vom BGH aufgestellten Grundsätze.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. November 2024, Az. 2 StR 290/24