Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart aufgehoben, da es den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat. Der Fall betrifft eine Schadensersatzklage wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug.
Hintergrund des Falls: Der Kläger hatte die Beklagte auf Schadensersatz verklagt, da das von ihm erworbene Fahrzeug angeblich mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet war. Das Landgericht gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 56.017,36 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Die Beklagte legte Berufung ein. Das OLG Stuttgart änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage vollständig ab. Die Begründung des OLG beschränkte sich auf den Verzicht beider Parteien auf die Darstellung des Tatbestands und die Entscheidungsgründe gemäß §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 ZPO.
Rechtliche Fragen: Kernfrage des Verfahrens war, ob das OLG die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Darstellung des Tatbestands und die Entscheidungsgründe gemäß §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 ZPO korrekt angewendet hat. Darüber hinaus stellte sich die Frage, ob die Beklagte durch den Einbau der Abschalteinrichtungen eine sittenwidrige Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB oder eine Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 EG-FGV, § 27 Abs. 1 EG-FGV begangen hat.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zurück. Der BGH stellte fest, dass das OLG die Voraussetzungen des § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 ZPO verkannt hatte. Ein Urteil, das weder eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils enthält noch ergänzende oder abweichende Feststellungen trifft und keine rechtliche Begründung enthält, verletzt das rechtliche Gehör des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG). Der BGH unterstellte daher, dass das OLG das Vorbringen des Klägers nicht ausreichend zur Kenntnis genommen hatte.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess. Gerichte müssen ihre Entscheidungen so begründen, dass die Parteien den Gedankengang nachvollziehen können. Ein Verzicht auf die Darstellung des Tatbestands und die Entscheidungsgründe ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 ZPO zulässig.
Schlussfolgerung: Der Fall wird nun erneut vom OLG Stuttgart verhandelt werden müssen. Das OLG wird sich dabei mit dem Vorbringen des Klägers auseinandersetzen und eine umfassende Begründung seiner Entscheidung liefern müssen. Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechte der Parteien im Zivilprozess und stellt sicher, dass Gerichtsverfahren fair und transparent geführt werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.12.2024 - VIa ZR 1170/23