Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 8. Januar 2025 ein Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 17. Mai 2024 im Fall eines versuchten Totschlags aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Die Entscheidung wirft wichtige Fragen zur Anwendung des Mordmerkmals der Heimtücke auf.
Hintergrund des Falls: Der Angeklagte, ein junger Mann afghanischer Herkunft, stach im August 2023 nach einem Streit mit seiner Ex-Partnerin in einem Schnellrestaurant mit einem Bleistift in deren Hals. Das Landgericht Magdeburg verurteilte ihn wegen versuchten Totschlags. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein.
Rechtliche Fragen: Der zentrale Streitpunkt des Verfahrens war die Frage, ob der Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst ausgenutzt und somit heimtückisch gehandelt hat. Das Landgericht verneinte dies. Der BGH sah jedoch die Argumentation des Landgerichts als nicht tragfähig an, da die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Mordmerkmals der Heimtücke unzureichend gewürdigt wurden. Insbesondere das zielgerichtete Verhalten des Angeklagten vor der Tat, seine nicht spontane Handlungsweise und die Feststellungen zur Schuldfähigkeit hätten berücksichtigt werden müssen.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob den Schuld- und Strafausspruch auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurück. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen konnten bestehen bleiben. Der BGH rügte, dass das Landgericht die für das Mordmerkmal der Heimtücke erforderliche Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers nicht ausreichend geprüft habe. Insbesondere die zeitliche Abfolge der Ereignisse und das planvolle Vorgehen des Angeklagten sprächen gegen eine Spontantat und für ein Ausnutzungsbewusstsein.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Feststellung des Mordmerkmals der Heimtücke. Für die neue Hauptverhandlung weist der BGH das Landgericht an, auch das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe zu prüfen und die Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts eingehend zu begründen.
Schlussfolgerung: Die Aufhebung des Urteils durch den BGH unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung aller relevanten Aspekte bei der Beurteilung von Mordmerkmalen. Die Neuverhandlung wird zeigen, ob das Landgericht die Vorgaben des BGH umsetzen und zu einer anderen Bewertung des Falles gelangen wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.01.2025 - 6 StR 495/24