Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 8. Oktober 2024 (Az.: VI ZR 336/23) über die Kausalität zwischen einem groben Behandlungsfehler eines Tierarztes und dem Tod eines Pferdes entschieden. Die Entscheidung verdeutlicht die Grundsätze der Beweislastumkehr im Veterinärrecht und präzisiert die Anforderungen an den Nachweis der Kausalität zwischen Primär- und Sekundärschäden.
Der Kläger verklagte eine Tierarztpraxis auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Behandlung seines Pferdes. Die Tierärzte der Praxis hatten das Pferd untersucht und behandelt. Bei einer Kontrolluntersuchung entstand der Verdacht auf Endometritis. Das Pferd wurde später tot aufgefunden. Der Kläger argumentierte, dem Verdacht auf Endometritis sei nicht ausreichend nachgegangen worden, was zum Tod des Pferdes geführt habe.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob der Kläger die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem Tod des Pferdes beweisen musste oder ob aufgrund eines groben Behandlungsfehlers eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers eintrat. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, da der Kläger die Kausalität nicht nachweisen konnte. Das Berufungsgericht argumentierte, der Tod des Pferdes sei nicht als typische Folge der unbehandelten Endometritis anzusehen, weshalb die Beweislastumkehr nicht greife.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar die Grundsätze zur Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern im Veterinärrecht. Ein grober Fehler, der geeignet ist, einen Schaden der eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zur Beweislastumkehr. Allerdings sah der BGH die Annahme des Berufungsgerichts, der Tod des Pferdes sei kein typischer Sekundärschaden, als rechtlich fehlerhaft an. Der BGH interpretierte das Sachverständigengutachten anders als das Berufungsgericht. Demnach führe eine unbehandelte Endometritis in der Regel zu weiteren Erkrankungen, die wiederum mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zum Tod des Tieres führen. Auch eine Mitursächlichkeit reiche für die Beweislastumkehr aus.
Die Entscheidung des BGH präzisiert die Anforderungen an den Kausalitätsnachweis bei fehlerhafter tierärztlicher Behandlung. Sie stärkt die Position von Tierhaltern, die Schadensersatzansprüche wegen grober Behandlungsfehler geltend machen. Die Beweislast für die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem Tod des Tieres liegt in diesen Fällen bei den Tierärzten.
Der BGH betont die Bedeutung der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern im Veterinärrecht. Die Entscheidung dürfte zu einer verstärkten Sensibilisierung im Bereich der tierärztlichen Behandlung führen und die Rechte von Tierhaltern stärken. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im weiteren Verfahren die Vorgaben des BGH umsetzen wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2024, Az.: VI ZR 336/23 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs oder juris)