Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 27. Januar 2025 (Az. 4 StR 426/24) entschieden, dass eine nachträgliche Gesetzesänderung bei der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Strafmilderung führen kann. Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung des Rückwirkungsverbots bei Strafgesetzen und die Notwendigkeit der Überprüfung von Urteilen im Hinblick auf mildere Gesetze.
Das Landgericht Bochum hatte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, mit Besitzverschaffung kinderpornographischer Inhalte und mit Drittbesitzverschaffung jugendpornographischer Inhalte sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach der Verurteilung trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die den Strafrahmen für einige der relevanten Tatbestände, insbesondere § 184b Abs. 3 StGB, milderte.
Kernfrage des Verfahrens war, ob die nachträgliche Gesetzesänderung im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist und ob sie zu einer Strafmilderung führt. Es stellte sich die Frage nach der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 StGB (Rückwirkungsverbot) und § 354a StPO (Berücksichtigung günstigeren Rechts im Revisionsverfahren).
Der BGH hob den Strafausspruch des Landgerichts auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass die Neufassung des § 184b Abs. 3 StGB das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB darstellt und daher im Revisionsverfahren gemäß § 354a StPO anzuwenden ist. Da die Mindeststrafe nach der Gesetzesänderung niedriger ist, konnte der BGH nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des neuen Rechts eine mildere Strafe verhängt hätte. Dies gilt sowohl für die Verurteilung nach § 184b Abs. 3 StGB selbst als auch für die Fälle, in denen die vorherige Mindeststrafe dieses Paragraphen über § 52 Abs. 2 StGB auf andere Tatbestände, wie z.B. § 176a Abs. 1 StGB, ausstrahlte.
Die Entscheidung des BGH hat Auswirkungen auf alle vergleichbaren Fälle, in denen nach einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eine Gesetzesänderung zu einem milderen Strafrahmen führt. Verurteilte können in solchen Fällen eine Überprüfung ihrer Strafe im Hinblick auf das mildere Recht beantragen.
Der Beschluss des BGH unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsverbots im deutschen Strafrecht und stellt sicher, dass Verurteilte von milderen Gesetzesänderungen profitieren können. Die Entscheidung stärkt den Rechtsstaat und gewährleistet eine gerechte Anwendung des Strafrechts.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Januar 2025 - 4 StR 426/24 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs oder juristische Datenbanken).