Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 21. Januar 2025 in einem Beschluss (Az. 3 StR 538/24) eine wichtige Entscheidung zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht getroffen. Der Fall betrifft eine deutsche Staatsangehörige, die mit ihren Kindern in das Herrschaftsgebiet des IS ausreiste.
Die Angeklagte reiste 2015 mit ihrem Ehemann und Kindern nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen. Während der Ehemann eine Kampfausbildung absolvierte, übernahm die Angeklagte die Haushaltsführung und Kindererziehung nach den Vorgaben des IS. Nach dem Tod ihres Ehemannes heiratete sie erneut innerhalb der Organisation. Im Jahr 2017 wurde sie im Irak festgenommen; der Verbleib ihrer Kinder ist unbekannt.
Der Fall wirft mehrere rechtliche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Bewertung der Handlungen der Angeklagten im Kontext der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Verletzung ihrer Fürsorgepflicht. Zentral war die Frage der Konkurrenz zwischen den einzelnen Delikten, also ob die Taten als getrennt zu betrachten sind oder in Tateinheit stehen.
Der BGH änderte das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) ab. Die Angeklagte wurde wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht verurteilt. Der BGH stellte klar, dass die Angeklagte sich durch ihr Verhalten aktiv an der Förderung der Vereinigungsziele beteiligt hat. Die Haushaltsführung und Kindererziehung nach den Vorgaben des IS sowie die erneute Heirat innerhalb der Organisation wurden als förderliche Handlungen gewertet.
Besonders relevant ist die Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BGH zur Konkurrenzlehre. Nach der neuen Rechtsprechung werden alle Beteiligungshandlungen grundsätzlich zu einer einzigen Tat zusammengefasst. Weitere dadurch verletzte Strafgesetze stehen in Tateinheit, es sei denn, sie haben ein deutlich höheres Gewicht als das Vereinigungsdelikt.
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Folgen für die Beurteilung ähnlicher Fälle. Die geänderte Konkurrenzlehre vereinfacht die rechtliche Bewertung und führt zu einer klareren Abgrenzung der Delikte. Die Entscheidung bekräftigt zudem die Bedeutung der Berücksichtigung der spezifischen Rollen von Frauen innerhalb terroristischer Vereinigungen.
Der Beschluss des BGH verdeutlicht die komplexe rechtliche Problematik im Umgang mit IS-Rückkehrern. Die Entscheidung liefert wichtige Klarstellungen zur Konkurrenzlehre und zur Bewertung der Beteiligungshandlungen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Januar 2025, Az. 3 StR 538/24 (via Datenbank der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs)