Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 15. Januar 2025 (Az. 5 StR 694/24) eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 30. Januar 2024 teilweise aufgehoben. Der Fall betrifft eine Verurteilung wegen Geiselnahme in zwei Fällen, wobei der BGH den Schuldspruch in einem der Fälle aufhob.
Das Landgericht Hamburg hatte den Angeklagten wegen Geiselnahme in zwei Fällen verurteilt, einmal in Tateinheit mit Körperverletzung und einmal in Tateinheit mit Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung. Die Verurteilung basierte auf zwei Vorfällen, in denen der Angeklagte seine Ex-Partnerin gegen ihren Willen festgehalten hatte.
Im Fokus der Revision vor dem BGH stand die Frage, ob die vom Landgericht festgestellten Tatsachen im ersten Fall (II.1d) den Tatbestand der Geiselnahme gemäß § 239b Abs. 1 StGB erfüllen. Insbesondere ging es um den erforderlichen funktionalen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Bemächtigung des Opfers und der qualifizierten Nötigung durch Drohung mit dem Tod oder schwerer Körperverletzung bzw. Freiheitsentziehung von über einer Woche.
Der BGH hob den Schuldspruch im Fall II.1d auf. Die Richter stellten fest, dass die Feststellungen des Landgerichts nicht ausreichten, um den Tatbestand der Geiselnahme zu begründen. Es fehle an einer konkreten Drohung mit einem qualifizierten Nötigungsmittel während der Bemächtigungslage, die auf die vom Angeklagten beabsichtigte Erklärung der Nebenklägerin zur Wiederaufnahme der Beziehung abzielte. Die spätere Zusage der Nebenklägerin, nicht zur Polizei zu gehen, reiche als eigenständig bedeutsamer Teilerfolg nicht aus, um den Tatbestand zu erfüllen. Der damit verbundene Schuldspruch wegen Körperverletzung wurde ebenfalls aufgehoben. Die Verurteilung im zweiten Fall (II.2d) blieb hingegen bestehen. Der BGH wies die Revision des Angeklagten bezüglich der Ablehnung von Beweisanträgen zurück, da die Beweislage zur Entführung der Nebenklägerin in diesem Fall ausreichend dicht sei.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die strengen Anforderungen an den Tatbestand der Geiselnahme. Sie unterstreicht die Notwendigkeit eines klaren Zusammenhangs zwischen der Bemächtigung und der qualifizierten Nötigung. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.1d zeigt, dass eine bloße Drohung mit einer Flucht ins Ausland und eine spätere Zusage des Opfers, nicht zur Polizei zu gehen, nicht ausreichen, um den Tatbestand zu erfüllen.
Der BGH hat mit seiner Entscheidung die rechtlichen Grenzen der Geiselnahme präzisiert. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.1d verdeutlicht, dass die Gerichte die Voraussetzungen des § 239b Abs. 1 StGB sorgfältig prüfen müssen. Die Zurückverweisung des Falls an das Landgericht ermöglicht eine erneute Verhandlung und Entscheidung unter Berücksichtigung der vom BGH dargelegten Rechtsauffassung.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. Januar 2025 (Az. 5 StR 694/24)