Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 4. Dezember 2024 (Az. 4 StR 453/24) ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach aufgehoben, das den Angeklagten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt hatte. Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Anforderungen an den Nachweis der Fahruntüchtigkeit bei Mischkonsum von Alkohol und Drogen.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Mönchengladbach wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, unter Einfluss von Alkohol und Kokain ein Fahrzeug geführt und sich einer Polizeikontrolle entzogen zu haben. Während der Flucht verursachte er einen Verkehrsunfall und flüchtete anschließend zu Fuß. Eine spätere Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 0,96 mg/g sowie den Nachweis von Kokain und dessen Abbauprodukt Benzoylecgonin.
Kernpunkt der Entscheidung des BGH war die Frage, ob die Feststellungen des Landgerichts die Fahruntüchtigkeit des Angeklagten ausreichend belegten. Da die Blutalkoholkonzentration den Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit nicht erreichte, musste die relative Fahruntüchtigkeit aufgrund des konkreten rauschmittelbedingten Leistungsbildes nachgewiesen werden. Das Landgericht sah ein solches Fehlverhalten in der Flucht des Angeklagten vor der Polizei.
Der BGH hob die Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs auf. Die Begründung des Landgerichts zur Fahruntüchtigkeit sei widersprüchlich. Zwar sprächen die nachgewiesenen Wirkstoffkonzentrationen für eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Gleichzeitig habe das Landgericht aber die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten als nicht erheblich eingeschränkt bewertet, da er während der Flucht komplexe Fahrmanöver ausgeführt habe. Die Flucht vor der Polizei könne auch durch die Absicht motiviert gewesen sein, die Entdeckung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu verhindern. Die Feststellungen des Landgerichts ließen somit keinen eindeutigen Schluss auf eine rauschbedingte Fahruntüchtigkeit zu.
Die Entscheidung des BGH unterstreicht die hohen Anforderungen an den Nachweis der Fahruntüchtigkeit, insbesondere bei Mischintoxikation. Es genügt nicht allein der Nachweis von Alkohol und Drogen im Blut, sondern es müssen konkrete Ausfallerscheinungen im Fahrverhalten festgestellt werden, die zweifelsfrei auf den Rauschzustand zurückzuführen sind. Die bloße Flucht vor der Polizei reicht hierfür nicht aus, wenn andere plausible Erklärungen für das Verhalten des Angeklagten in Betracht kommen.
Der BGH hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das Landgericht muss nun prüfen, ob es weitere Anhaltspunkte für eine rauschbedingte Fahruntüchtigkeit gibt oder ob der Angeklagte lediglich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu verurteilen ist. Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechte der Beschuldigten und betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Fahruntüchtigkeit.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.12.2024 - 4 StR 453/24