Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 28. Januar 2025 (Az. 4 StR 397/24) eine Entscheidung des Landgerichts Traunstein zum Einschleusen von Ausländern und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr teilweise aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Der Fall wirft wichtige Fragen zur Anwendung von § 96 AufenthG und § 315b StGB auf.
Das Landgericht Traunstein hatte den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern unter unmenschlicher und lebensgefährdender Behandlung in Tateinheit mit Körperverletzung in drei Fällen, verbotenem Kraftfahrzeugrennen, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubter Einreise sowie wegen Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt. Der Angeklagte hatte elf türkische Staatsangehörige in einem Kleintransporter unter unmenschlichen Bedingungen nach Deutschland geschleust und sich anschließend einer Polizeikontrolle durch eine riskante Flucht entzogen. Dabei gefährdete er sowohl die Geschleusten als auch andere Verkehrsteilnehmer. Bei einem erneuten Fluchtversuch beschädigte er ein Polizeifahrzeug und verletzte beinahe einen Polizeibeamten.
Der BGH hob die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern auf, da das Landgericht den Angeklagten nicht gemäß § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf die Möglichkeit der Anwendung dieses Qualifikationstatbestandes hingewiesen hatte. Obwohl der Angeklagte die Gewerbsmäßigkeit eingeräumt hatte, war ein Hinweis dennoch erforderlich. Weiterhin rügte der BGH die unzureichende Feststellung einer konkreten Gefährdung im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Schließlich stellte der BGH fest, dass die Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nicht den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht, da die Urteilsgründe nicht ausreichend darlegten, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu "pervertieren".
Der BGH hob die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang des Einschleusens blieben jedoch bestehen. Der BGH betonte, dass das neue Tatgericht die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs genauer prüfen und die konkreten Gefährdungslagen detaillierter feststellen müsse. Im Hinblick auf den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr müsse geprüft werden, ob der Angeklagte mit der erforderlichen verkehrsfeindlichen Einstellung gehandelt habe.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung von Verfahrensvorschriften im Strafprozess, insbesondere des Hinweispflichts bei Qualifikationstatbeständen. Sie unterstreicht zudem die Notwendigkeit einer sorgfältigen Tatsachenfeststellung und -würdigung bei der Anwendung der Tatbestände der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
Die Entscheidung des BGH liefert wichtige Hinweise zur Anwendung der relevanten Strafvorschriften und verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Tatsachenfeststellung durch die Gerichte. Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht in der Neuverhandlung die Vorgaben des BGH umsetzen wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. Januar 2025 (Az. 4 StR 397/24)