Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 12. November 2024 (Az. 3 StR 217/24) ein Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 4. Dezember 2023 (Az. 15 KLs 11/23) in einem Drogenhandelsfall geändert. Die Entscheidung ist insbesondere aufgrund der Berücksichtigung des neuen Cannabisgesetzes (Cannabisgesetz - CanG) relevant, welches am 1. April 2024 in Kraft getreten ist.
Das Landgericht Osnabrück hatte die Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in verschiedenen Fällen verurteilt. Der Angeklagte S. hatte seit Juli 2022 in großem Umfang mit Marihuana, Haschisch, Amphetamin und Kokain gehandelt. Der Angeklagte L. war zunächst Teil einer Bande, die mit Marihuana und Haschisch handelte, und betrieb später selbstständig Drogenhandel mit Marihuana, Haschisch und Kokain.
Die zentrale Rechtsfrage im Revisionsverfahren vor dem BGH war die Anwendbarkeit des neuen Cannabisgesetzes auf die Taten der Angeklagten. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO ist im Revisionsverfahren das mildere Gesetz anzuwenden, wenn sich die Gesetzeslage nach der Tat geändert hat. Hier musste der BGH prüfen, ob und inwieweit die neuen Regelungen des Cannabisgesetzes im Vergleich zu den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) für die Angeklagten günstiger sind.
Der BGH änderte die Schuldsprüche des Landgerichts Osnabrück. Beim Angeklagten S. wurde der Schuldspruch auf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis in vier Fällen abgeändert. Beim Angeklagten L. wurde der Schuldspruch auf Bandenhandel mit Cannabis in zwei Fällen, Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis und Handeltreiben mit Cannabis geändert. Der BGH begründete die Änderung der Schuldsprüche damit, dass das Cannabisgesetz im Vergleich zum BtMG das mildere Gesetz darstellt und daher im Revisionsverfahren anzuwenden ist. Die Strafen wurden aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung und -entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes auf laufende Strafverfahren. Sie zeigt, dass Gerichte im Revisionsverfahren verpflichtet sind, das mildere Gesetz anzuwenden und die Schuldsprüche entsprechend anzupassen. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die Strafzumessung, da die Anwendung des Cannabisgesetzes zu geringeren Strafen führen kann.
Der Beschluss des BGH ist ein wichtiger Beitrag zur Rechtsprechung im Bereich des Drogenstrafrechts unter Berücksichtigung des neuen Cannabisgesetzes. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird und wie die Gerichte im Einzelfall die neuen Regelungen anwenden werden.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. November 2024 - 3 StR 217/24