Einführung: Ein kürzlich ergangener Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Oktober 2024 (Az. 6 StR 348/24) verdeutlicht die Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt wurde. Die Revision des Angeklagten führte zu einer teilweisen Aufhebung des Urteils aufgrund des Inkrafttretens des KCanG.
Das Landgericht Lüneburg hatte den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Handeltreibens mit Marihuana in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein.
Die zentrale Rechtsfrage des Falles war, wie sich das am 1. April 2024 in Kraft getretene Cannabisgesetz (KCanG) auf die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Marihuana auswirkt. Das KCanG regelt den Umgang mit Konsumcannabis neu und ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO als milderes Gesetz anzuwenden.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Lüneburg teilweise auf. Der Schuldspruch wurde dahingehend geändert, dass der Angeklagte in den Fällen des Handeltreibens mit Marihuana nun nach dem Cannabisgesetz verurteilt wurde. Die Strafen für diese Fälle sowie die Gesamtstrafe wurden aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das KCanG den Umgang mit Konsumcannabis abschließend regelt und als milderes Gesetz anzuwenden ist. Da nicht auszuschließen war, dass das Landgericht auf Grundlage des KCanG mildere Strafen verhängt hätte, wurde eine Neuverhandlung angeordnet.
Diese Entscheidung des BGH verdeutlicht die unmittelbare Auswirkung des KCanG auf laufende Strafverfahren. Sie zeigt, dass Gerichte bei der Urteilsfindung und im Revisionsverfahren das KCanG als milderes Gesetz berücksichtigen müssen. Dies kann zu Änderungen im Schuldspruch und zu niedrigeren Strafen führen.
Der Beschluss des BGH unterstreicht die Bedeutung des KCanG für die deutsche Rechtsprechung im Bereich des Cannabis-Umgangs. Es ist zu erwarten, dass weitere Fälle vor Gericht verhandelt werden, in denen die Anwendung des KCanG eine Rolle spielt. Die Rechtsprechung wird in Zukunft die genauen Konturen der neuen Gesetzeslage weiter konkretisieren müssen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Oktober 2024, Az. 6 StR 348/24