Einführung
Ein kürzlich ergangener Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. September 2024 (Az. 6 StR 165/24) verdeutlicht die Auswirkungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende und abgeschlossene Strafverfahren wegen Handeltreibens mit Cannabis. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde und dessen Revision teilweise erfolgreich war.
Sachverhalt
Das Landgericht Hannover hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Cannabis und Kokain in acht Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Taten umfassten den Handel mit unterschiedlichen Mengen Marihuana und Kokain zwischen Oktober 2022 und April 2023. Die Revision des Angeklagten richtete sich gegen die Verurteilung in einem Fall und die Strafzumessung in sieben weiteren Fällen.
Rechtliche Probleme
Kernfrage des Verfahrens war die Anwendbarkeit des neuen KCanG auf die dem Angeklagten vorgeworfenen Taten, die vor Inkrafttreten des Gesetzes begangen wurden. Insbesondere stellte sich die Frage, ob und wie die mildere Strafdrohung des KCanG zu berücksichtigen ist, obwohl die Verurteilung auf Grundlage des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) erfolgte.
Entscheidung und Begründung
Der BGH hob die angefochtenen Einzelstrafen, die Gesamtstrafe und die Anordnung des Vorwegvollzugs auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück. Der BGH stellte klar, dass das KCanG zwar den Tatbestand des Handeltreibens mit Cannabis nicht verändert, aber die Strafdrohung gemildert hat. Daher musste der Schuldspruch in den betroffenen Fällen auf "Handeltreiben mit Cannabis" geändert werden, um die Grundlage des Strafausspruchs klarzustellen. Die Aufhebung der Strafen erfolgte, da nicht auszuschließen war, dass das Landgericht unter Berücksichtigung des milderen Strafrahmens des KCanG geringere Strafen verhängt hätte.
Der BGH betonte, dass eine nachträgliche Gesetzesänderung, die lediglich die Strafdrohung mildert, auch bei einem rechtskräftigen Schuldspruch zu berücksichtigen ist. Im vorliegenden Fall war die Strafvorschrift des KCanG milder als die des BtMG, sodass eine Anpassung des Schuldspruchs und der Strafen erforderlich war.
Auswirkungen
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis. Sie verdeutlicht, dass Gerichte bei der Verhandlung von Cannabis-Fällen die Bestimmungen des KCanG auch rückwirkend berücksichtigen müssen, wenn dies zu einer milderen Strafe führt. Die Entscheidung stärkt den Grundsatz der mildesten Strafe und sorgt für eine gerechtere Behandlung von Angeklagten in Cannabis-Verfahren.
Schlussfolgerung
Der Beschluss des BGH liefert wichtige Hinweise zur Anwendung des KCanG in der Strafrechtspraxis. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsgebots bei Strafmilderungen und stellt sicher, dass Angeklagte von den günstigeren Regelungen des neuen Gesetzes profitieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt und welche weiteren Auswirkungen das KCanG auf bestehende und zukünftige Verfahren haben wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. September 2024, Az. 6 StR 165/24