Einführung
Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefällter Beschluss verdeutlicht die Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes auf laufende Verfahren. Der BGH musste den Schuldspruch eines Angeklagten an die neuen gesetzlichen Bestimmungen anpassen, die den Umgang mit Cannabis neu regeln.
Hintergrund des Falls
Das Landgericht Marburg hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Taten bezogen sich auf den Handel mit Marihuana und Haschisch im Kilobereich und fanden zwischen März und Mai 2021 statt. Der Angeklagte erzielte dabei erhebliche Verkaufserlöse.
Rechtliche Fragen
Die zentrale Rechtsfrage des Falles ergab sich aus dem Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis am 1. April 2024. Durch dieses Gesetz wurde der Umgang mit Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) herausgenommen und unter das Konsumcannabisgesetz (KCanG) gestellt. Dadurch änderte sich die rechtliche Bewertung der Taten des Angeklagten.
Entscheidung und Begründung des BGH
Der BGH änderte den Schuldspruch des Angeklagten entsprechend dem neuen Recht. Der Angeklagte wurde nun des Handeltreibens mit Cannabis in acht Fällen schuldig gesprochen. Der BGH begründete dies damit, dass Marihuana und Haschisch unter die Definition von "Cannabis" im KCanG fallen. Der Handel mit Cannabis ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar. Der BGH wandte das neue Gesetz als milderes Recht an (§ 2 Abs. 3 StGB). Die Anpassung des Schuldspruchs erfolgte in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO.
Der Strafausspruch blieb jedoch unberührt, da das Landgericht bereits bei der ursprünglichen Verurteilung mildernde Umstände berücksichtigt hatte, darunter die absehbare Gesetzesänderung. Der BGH schloss daher aus, dass das Landgericht bei direkter Anwendung des neuen Rechts geringere Strafen verhängt hätte.
Auswirkungen
Dieser Fall verdeutlicht die unmittelbaren Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes auf die Rechtsprechung. Er zeigt, wie Gerichte bestehende Urteile an die neue Rechtslage anpassen müssen. Die Entscheidung des BGH unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsverbots zugunsten des Angeklagten und die Anwendung des milderen Rechts.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung des BGH bietet eine wichtige Orientierung für die Anwendung des neuen Cannabisgesetzes in der Praxis. Es ist zu erwarten, dass weitere ähnliche Fälle vor Gericht verhandelt werden. Die Rechtsprechung wird in den kommenden Jahren die genauen Konturen des neuen Rechtsrahmens für den Umgang mit Cannabis weiter ausformen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. September 2024 - 2 StR 285/24