Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 6. November 2024 die Revision des Angeklagten im Fall 4 StR 383/24 verworfen. Der Fall betrifft die Frage, ob das Fehlen eines schriftlichen Eröffnungsbeschlusses nach § 203 StPO ein Verfahrenshindernis darstellt.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Siegen hatte den Angeklagten am 12. März 2024 verurteilt. Der Angeklagte legte Revision gegen dieses Urteil ein, argumentierend, dass das Verfahren aufgrund des fehlenden schriftlichen Eröffnungsbeschlusses der Strafkammer hätte eingestellt werden müssen.
Rechtliche Fragen: Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob das Fehlen eines schriftlichen Eröffnungsbeschlusses gemäß § 203 StPO ein Verfahrenshindernis darstellt. Der Angeklagte argumentierte, dass ein solcher Beschluss zwingend erforderlich sei. Die Staatsanwaltschaft und letztlich der BGH vertraten die Auffassung, dass auch konkludente Handlungen des Gerichts den Eröffnungswillen ausreichend verdeutlichen können.
Entscheidung und Begründung: Der 4. Strafsenat des BGH verwarf die Revision des Angeklagten. Der Senat stellte fest, dass zwar kein schriftlicher Eröffnungsbeschluss vorlag, der Eröffnungswille der Strafkammer jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Verfahrenshandlungen eindeutig hervorgegangen sei. Insbesondere der vom Landgericht erlassene und später wieder außer Vollzug gesetzte Haftbefehl in Verbindung mit der Begründung für die Aufhebung des Haftbefehls – nämlich die begrenzten zeitlichen Kapazitäten der Verteidigung – ließen keinen Zweifel am Eröffnungswillen der Kammer zu. Damit genügte die konkludente Willenserklärung des Gerichts, die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH bekräftigt die bestehende Rechtsprechung, wonach ein schriftlicher Eröffnungsbeschluss nach § 203 StPO zwar die Regel, aber nicht zwingend erforderlich ist. Entscheidend ist der eindeutig erkennbare Wille des Gerichts, die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen. Diese Klarstellung ist für die Praxis relevant, da sie Verfahrensunsicherheiten vermeidet und die Effizienz der Strafrechtspflege fördert.
Schlussfolgerung: Der BGH hat mit seiner Entscheidung die Bedeutung der konkludenten Eröffnung des Hauptverfahrens unterstrichen. Die Verwerfung der Revision verdeutlicht, dass im Einzelfall auch ohne schriftlichen Beschluss von einem wirksamen Verfahrensbeginn ausgegangen werden kann, wenn der Eröffnungswille des Gerichts zweifelsfrei erkennbar ist. Die Entscheidung dürfte zur weiteren Klärung der Anforderungen an den Eröffnungsbeschluss beitragen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.11.2024 - 4 StR 383/24