Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 20. November 2024 (Az. VII ZR 191/23) klargestellt, dass Parteien im Zivilprozess grundsätzlich berechtigt sind, ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens zu ändern. Die Entscheidung betont die Bedeutung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und präzisiert die Grenzen der richterlichen Beweiswürdigung.
Der BGH hatte über eine Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden, die sich gegen ein Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin richtete. Das KG hatte zuvor die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Berlin nicht zugelassen. Die Details des zugrundeliegenden Rechtsstreits werden im Beschluss des BGH nicht dargestellt. Es geht jedoch aus dem Leitsatz hervor, dass das Beweisangebot einer Partei aufgrund vermeintlicher Widersprüche im Vortrag nicht berücksichtigt wurde.
Kernfrage des Verfahrens war, ob die Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots wegen Widersprüchlichkeiten im Parteivortrag zulässig ist. Der BGH hatte zu klären, inwieweit eine Partei ihren Vortrag ändern darf und welche Auswirkungen solche Änderungen auf die Beweiswürdigung haben.
Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zurück. Die Richter stellten klar, dass eine Partei grundsätzlich nicht daran gehindert ist, ihren Vortrag zu ändern, zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Widersprüche im Parteivortrag seien im Rahmen der Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots wegen vermeintlicher Widersprüche stelle eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar und verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG (rechtliches Gehör). Der BGH betonte, dass die Möglichkeit, den Vortrag anzupassen, essentiell für ein faires Verfahren sei.
Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechte der Parteien im Zivilprozess und unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs. Sie verdeutlicht, dass Gerichte Beweisangebote nicht aufgrund von Widersprüchen im Parteivortrag ablehnen dürfen, sondern diese im Rahmen der Beweiswürdigung zu bewerten haben. Dies trägt zu einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts bei und gewährleistet ein gerechtes Verfahren.
Der BGH-Beschluss liefert eine wichtige Klarstellung zum Umgang mit Änderungen im Parteivortrag und deren Auswirkungen auf die Beweisaufnahme. Er bekräftigt die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs im deutschen Zivilprozess. Es bleibt abzuwarten, wie die Vorinstanzen den Fall im Lichte dieser Entscheidung beurteilen werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. November 2024, Az. VII ZR 191/23 (Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs).