Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 19.12.2024 einen Beschluss zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verkündet (Az.: III ZB 16/24). Der Beschluss verdeutlicht die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Rechtsanwälten im Umgang mit Fristen.
Der Kläger hatte gegen ein Urteil des Landgerichts Duisburg Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist endete am 8. Januar 2024. Aufgrund eines Fehlers einer Kanzleiangestellten wurde die Frist zunächst falsch notiert. Obwohl der Fehler bemerkt und eine Korrektur angewiesen wurde, gelangte die Akte mit einem falschen Fristvermerk zum bearbeitenden Rechtsanwalt. Die Berufungsbegründung wurde verspätet eingereicht, woraufhin der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte.
Zentrale Frage war, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war. Hierzu musste geprüft werden, ob die Versäumung der Frist auf einem Verschulden des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten beruhte (§ 233 Satz 1 ZPO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Der BGH wies die Rechtsbeschwerde des Klägers als unzulässig zurück. Das Berufungsgericht habe zu Recht entschieden, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Kläger zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe. Der BGH betonte, dass ein Rechtsanwalt, der mit einer fristgebundenen Handlung befasst wird, verpflichtet sei, die Fristvermerke in der Handakte zu überprüfen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sein Prozessbevollmächtigter dies getan habe. Das Vertrauen auf die Zuverlässigkeit einer Kanzleiangestellten entbinde den Rechtsanwalt nicht von der Pflicht zur eigenständigen Fristkontrolle, insbesondere wenn ihm die Akte zur Vorbereitung der fristwahrenden Handlung vorgelegt wird.
Der Beschluss bekräftigt die strengen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Rechtsanwälten im Fristenmanagement. Er verdeutlicht, dass die Verantwortung für die Fristwahrung letztlich beim Anwalt liegt und nicht auf Kanzleipersonal delegiert werden kann. Die eigenständige Überprüfung der Fristen bei Übernahme einer Akte ist unerlässlich.
Der BGH-Beschluss unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Fristenkontrolle im anwaltlichen Berufsalltag. Rechtsanwälte müssen sicherstellen, dass Fristen korrekt notiert und überwacht werden, um Rechtsnachteile für ihre Mandanten zu vermeiden. Die Überprüfung der Fristvermerke bei Aktenübernahme ist essentieller Bestandteil der anwaltlichen Sorgfaltspflicht.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2024 - III ZB 16/24 (abgerufen vom Deutschen Rechtsprechungsportal)