Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 30. Januar 2025 einen wichtigen Beschluss zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision veröffentlicht. Der Fall betrifft die Prozesskostenhilfe für eine juristische Person und klärt die Anforderungen an die Schuldlosigkeit bei versäumter Frist.
Die Klägerin, eine GmbH, hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle ein Verfahren verloren und beabsichtigte, Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil einzulegen. Sie stellte einen Antrag auf Prozesskostenhilfe, der vom BGH am 7. November 2024 abgelehnt wurde, da die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorlagen. Die Klägerin legte daraufhin verspätet Nichtzulassungsbeschwerde ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Kernfrage des Falls war, ob die Klägerin schuldlos an der Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gehindert war. Gemäß § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn die Partei ohne ihr Verschulden an der Fristwahrung gehindert war. Im Kontext der Prozesskostenhilfe ist eine Partei grundsätzlich schuldlos verhindert, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung des Antrags rechnen musste.
Speziell bei juristischen Personen stellt sich die Frage, wann sie vernünftigerweise mit der Ablehnung von Prozesskostenhilfe aufgrund fehlenden allgemeinen Interesses an der Rechtsverfolgung (§ 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) rechnen müssen.
Der BGH wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Die Klägerin sei nicht schuldlos verhindert gewesen. Sie sei vom Gericht auf die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO hingewiesen worden, habe aber innerhalb der gesetzten Frist kein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung dargetan. Da dies auch nicht ersichtlich gewesen sei, musste die Klägerin mit der Ablehnung ihres Prozesskostenhilfeantrags rechnen.
Der BGH wies zudem das Argument der Klägerin zurück, sie habe aufgrund von Art. 47 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vertrauen dürfen. Da es im vorliegenden Fall nicht um die Durchsetzung von unionsrechtlich verliehenen Rechten ging, sei Art. 47 Abs. 3 der EU-Grundrechtecharta nicht anwendbar.
Der Beschluss verdeutlicht die Anforderungen an die Schuldlosigkeit bei der Versäumung von Rechtsmittelfristen im Zusammenhang mit Prozesskostenhilfe für juristische Personen. Juristische Personen müssen sich aktiv mit den Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auseinandersetzen und ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung darlegen, um im Falle der Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags Wiedereinsetzung erlangen zu können.
Der BGH bekräftigt mit diesem Beschluss seine Rechtsprechung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Prozesskostenhilfe. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe und die Notwendigkeit, ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung darzulegen, insbesondere für juristische Personen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. Januar 2025 - V ZR 224/24