Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 19.12.2024 (V ZB 71/23) die Wertbemessung der Beschwer bei einer Klage auf Duldung einer Grenzmauer präzisiert. Die Entscheidung hebt einen Beschluss des Landgerichts Halle (Saale) auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Der Fall verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Wertbestimmung in solchen Fällen und die Bedeutung einer korrekten Ermessensausübung durch die Gerichte.
Die Klägerin verlangte von den Beklagten die Duldung einer auf deren Grundstück befindlichen Mauer. Das Amtsgericht gab der Klage statt, das Landgericht verwarf die Berufung der Beklagten als unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands angeblich 600 € nicht überstieg. Die Beklagten legten daraufhin Rechtsbeschwerde beim BGH ein.
Kernfrage des Verfahrens war die Bestimmung des Werts der Beschwer im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hatte den Wert allein anhand der von der Mauer eingenommenen Fläche berechnet und diese aufgrund ihrer geringen Größe als "praktisch unverkäuflich" eingestuft. Der BGH rügte diese Vorgehensweise als fehlerhaft.
Der BGH hob den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH stellte klar, dass der Wertverlust eines Grundstücks durch eine Duldungspflicht grundsätzlich durch Vergleich des Verkehrswerts mit und ohne die Belastung zu ermitteln ist. Das Landgericht habe diesen Vergleich nicht vorgenommen und fehlerhaft allein auf den Verkehrswert des von der Mauer belegten Teilgrundstücks abgestellt. Es sei nicht relevant, ob dieser Teil für sich genommen verkehrsfähig sei. Vielmehr müsse die Wertminderung des Gesamtgrundstücks betrachtet werden. Darüber hinaus habe das Landgericht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem es die Berufung allein wegen des angeblich unzureichenden Vortrags der Beklagten zum Wert der Beschwer verwarf. Das Gericht müsse in solchen Fällen den Wert selbst schätzen und den Akteninhalt berücksichtigen.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung einer korrekten Wertbemessung bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln. Die Gerichte müssen ihr Ermessen pflichtgemäß ausüben und alle relevanten Umstände berücksichtigen. Die bloße Behauptung eines unzureichenden Vortrags der Parteien rechtfertigt keine Verwerfung des Rechtsmittels.
Der BGH stärkt mit seiner Entscheidung die Rechte der Rechtsmittelführer und betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Wertbemessung durch die Gerichte. Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht im weiteren Verfahren den Wert der Beschwer bestimmen wird. Die Entscheidung des BGH dürfte jedoch als wichtiger Leitfaden für zukünftige Fälle dienen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2024 - V ZB 71/23 (Quelle: Deutsches Bundesministerium der Justiz)