Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 6. November 2024 (Az. 6 StR 564/24) die Entscheidung des Landgerichts Potsdam zur Unterbringung eines Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben. Der Fall betrifft die Nachstellung von zwei Geschädigten und wirft wichtige Fragen zur Schuldfähigkeit und Gefährlichkeitsprognose auf.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Potsdam freigesprochen, jedoch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dem Angeklagten wurden verschiedene Handlungen der Nachstellung gegenüber zwei Geschädigten zur Last gelegt. Im ersten Tatkomplex verfolgte der Angeklagte die Geschädigte L. über einen längeren Zeitraum, kontaktierte sie unter falschem Namen, parkte vor ihrem Wohnhaus und beobachtete sie in Restaurants. Im zweiten Tatkomplex folgte der Angeklagte der minderjährigen Geschädigten B., kreuzte mehrfach ihren Weg und wartete vor ihrem Wohnhaus, auch nach Erlass einer Gewaltschutzanordnung.
Der BGH hob die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück. Die Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit des Angeklagten wurden als rechtlich fehlerhaft beanstandet. Der BGH stellte fest, dass die Feststellungen zur eingeschränkten Einsichtsfähigkeit des Angeklagten nicht ausreichten, um die Voraussetzungen des § 21 StGB zu begründen. Eine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit sei nur dann relevant, wenn sie tatsächlich zum Fehlen der Unrechtseinsicht führe. Darüber hinaus kritisierte der BGH die unzureichende Begründung der Auswirkung der psychischen Störung auf die Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie allein reiche nicht aus; vielmehr müsse der Einfluss des Störungsbildes auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation dargelegt werden.
Auch die Gefährlichkeitsprognose wurde vom BGH als nicht tragfähig bewertet. Die Einstufung aller Anlasstaten als erhebliche Taten im Sinne des § 63 StGB wurde beanstandet, da die Häufigkeit und Intensität der Übergriffe nicht ausreichten. Zudem rügte der BGH, dass das Landgericht eine frühere Tat zum Nachteil eines Zeugen S. zur Begründung der Gefährlichkeitsprognose herangezogen hatte, ohne dass ein symptomatischer Zusammenhang mit der Erkrankung des Angeklagten belegt war.
Dieser Beschluss des BGH unterstreicht die hohen Anforderungen an die Begründung der Schuldfähigkeit und der Gefährlichkeitsprognose bei der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände des Einzelfalls erforderlich ist und pauschale Annahmen über den Zusammenhang zwischen psychischer Erkrankung und Tatverhalten nicht ausreichen.
Der Fall wird nun von einer anderen Strafkammer des Landgerichts neu verhandelt werden. Dabei wird insbesondere die Schuldfähigkeit des Angeklagten und die Gefährlichkeitsprognose erneut zu prüfen sein. Die Feststellungen zu den äußeren Tathandlungen bleiben jedoch bestehen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.11.2024 - 6 StR 564/24 (abgerufen vom Deutschen Law Ministerium)