Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 8. Januar 2025 (Az. 6 StR 654/24) ein Urteil des Landgerichts Lüneburg zur Unterbringung eines Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben. Der Fall wirft wichtige Fragen zur Beurteilung der Schuldfähigkeit bei Intelligenzminderung auf.
Dem Beschuldigten wurden mehrere Brandstiftungen vorgeworfen. Er soll unter anderem einen Rucksack in einer Gartenlaube, Müllcontainer auf einem Schulgelände und einen Bauwagen eines Kindergartens angezündet haben. Zusätzlich zündete er während des laufenden Verfahrens zwei Großzelte an.
Das Landgericht ordnete die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an, da es von seiner Schuldunfähigkeit aufgrund einer Intelligenzminderung ausging. Der BGH hob diese Entscheidung auf, da die Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten rechtlichen Bedenken begegnen. Der BGH stellte klar, dass eine Intelligenzminderung zwar zu einer verminderten oder aufgehobenen Schuldfähigkeit führen kann, jedoch nicht per se ein Eingangsmerkmal im Sinne des § 20 StGB darstellt. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters und der Auswirkungen der Intelligenzminderung auf seine Handlungs- und Erkenntnismöglichkeiten.
Der BGH rügte, dass die Urteilsgründe des Landgerichts im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Sachverständigenmeinung beschränkt waren und die erforderliche umfassende Persönlichkeitsanalyse fehlte. Insbesondere wurde die Nichtberücksichtigung eines aktuelleren Intelligenztests durch die Sachverständige kritisiert. Darüber hinaus monierte der BGH die fehlende Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Intelligenzminderung Folge einer Krankheit im Sinne des § 20 StGB ist. Nur eine Intelligenzminderung ohne Organbefund falle unter das Eingangsmerkmal der Intelligenzminderung.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Beurteilung der Schuldfähigkeit bei Intelligenzminderung. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden Persönlichkeitsanalyse und einer sorgfältigen Abgrenzung zwischen krankheitsbedingter und nicht krankheitsbedingter Intelligenzminderung.
Der BGH hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das neue Tatgericht muss die aufgeworfenen Fragen zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten eingehender prüfen und insbesondere die Auswirkungen seiner Intelligenzminderung auf seine Handlungs- und Erkenntnismöglichkeiten umfassend würdigen. Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht die Vorgaben des BGH umsetzen wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Januar 2025 (Az. 6 StR 654/24), abrufbar über die Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs.