Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20. Februar 2025 einen wichtigen Beschluss zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Verbraucherschutz gefasst. Der Fall betrifft eine Untersagungsanordnung gegen ein deutsches Unternehmen aufgrund angeblich irreführender Angaben gegenüber Verbrauchern in Belgien. Der Beschluss klärt Fragen zur Zuständigkeit, zum anzuwendenden Recht und zur Ermittlungspflicht deutscher Gerichte in solchen Fällen.
Das Umweltbundesamt erließ auf Ersuchen der belgischen Generaldirektion Wirtschaftsinspektion (ADEI) eine Untersagungsanordnung gegen ein in Deutschland ansässiges Unternehmen. Die ADEI ist in Belgien für die Verfolgung irreführender Angaben gegenüber Verbrauchern zuständig. Grundlage des Ersuchens war die Verordnung (EU) Nr. 2017/2394 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (CPC-Verordnung). Das Unternehmen legte gegen die Untersagungsanordnung Beschwerde ein, die vom Landgericht Dessau-Roßlau abgewiesen wurde. Daraufhin erhob das Unternehmen Rechtsbeschwerde zum BGH.
Der Fall wirft mehrere Rechtsfragen auf:
Der BGH entschied, dass die Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung nicht von einer vorherigen "Grundverfügung" der ADEI nach belgischem Recht abhängt. Die Befugnisse der Behörden ergeben sich direkt aus der CPC-Verordnung. Die Rechtsbeschwerde kann nicht auf eine Verletzung belgischen Rechts gestützt werden. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Feststellungen des Beschwerdegerichts zum ausländischen Recht gebunden. Allerdings kann gerügt werden, dass das ausländische Recht unzureichend ermittelt wurde. Die Anforderungen an die Ermittlungspflicht sind umso höher, je komplexer das ausländische Recht ist. Bei der Frage der Irreführung geht es um eine Rechtsfrage. Es genügt, wenn das Tatgericht die Anschauung des deutschen Durchschnittsverbrauchers feststellt und prüft, ob sich die Anschauungen in anderen Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden.
Der Beschluss des BGH stärkt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Verbraucherschutz. Er verdeutlicht die unmittelbare Anwendbarkeit der CPC-Verordnung und die Bedeutung der Ermittlungspflicht deutscher Gerichte hinsichtlich des ausländischen Rechts. Gleichzeitig betont der BGH die Notwendigkeit einer Harmonisierung des Verbraucherverständnisses innerhalb der EU.
Der BGH-Beschluss bietet wichtige Klarstellungen zur grenzüberschreitenden Verbraucherschutzkooperation. Er dürfte die Durchsetzung von Verbraucherrechten in der EU erleichtern und die Rechtssicherheit für Unternehmen erhöhen. Zukünftige Fälle werden zeigen, wie die Gerichte die Grundsätze dieses Beschlusses in der Praxis anwenden.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.02.2025 - I ZB 26/24
Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 01.02.2024 - 3 T 1/23
Verordnung (EU) Nr. 2017/2394