Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. November 2024 einen wichtigen Beschluss (1 StR 357/24) zur Strafbarkeit von Verstößen gegen Weisungen während der Führungsaufsicht und zum Besitz kinderpornographischer Inhalte veröffentlicht. Der Beschluss hebt ein Urteil des Landgerichts Stuttgart teilweise auf und verdeutlicht die Anforderungen an die Strafbewehrung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht sowie die Auswirkungen von Gesetzesänderungen auf die Strafzumessung.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Stuttgart hatte den Angeklagten wegen verschiedener Delikte, darunter Verbreitung jugendpornographischer Inhalte, Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte, Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht, Diebstahl und Körperverletzung, verurteilt. Die Revision des Angeklagten vor dem BGH führte zu einer teilweisen Aufhebung des Urteils.
Rechtliche Probleme: Der BGH identifizierte zwei Hauptprobleme: Erstens stellte er fest, dass die Verurteilung wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht nicht ausreichend begründet war. Die Urteilsgründe ließen nicht klar erkennen, ob der Führungsaufsichtsbeschluss einen eindeutigen schriftlichen Hinweis auf die Strafbarkeit der Weisungsverstöße nach § 145a StGB enthielt. Ein solcher Hinweis ist jedoch unerlässlich, um die Strafbarkeit zu begründen. Zweitens hatte eine nachträgliche Gesetzesänderung, die die Mindeststrafe für den Besitz kinderpornographischer Inhalte in § 184b Abs. 3 StGB herabsetzte, Auswirkungen auf den vom Landgericht verhängten Strafausspruch.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob die Verurteilung wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht auf, da die Feststellungen des Landgerichts nicht ausreichten, um die Strafbarkeit zu belegen. Der BGH betonte die ständige Rechtsprechung, wonach die Strafbewehrung von Weisungen im Führungsaufsichtsbeschluss unmissverständlich klargestellt sein muss. Zusätzlich hob der BGH den Einzelstrafausspruch in Bezug auf den Besitz kinderpornographischer Inhalte auf, da die nachträgliche Gesetzesänderung eine niedrigere Mindeststrafe vorsah und der BGH nicht ausschließen konnte, dass das Landgericht bei Anwendung der neuen Gesetzeslage eine mildere Strafe verhängt hätte. Infolgedessen wurde auch der Gesamtstrafausspruch aufgehoben.
Auswirkungen: Der Beschluss des BGH unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Formulierung von Führungsaufsichtsbeschlüssen und die Notwendigkeit, die Strafbewehrung von Weisungen eindeutig festzulegen. Er verdeutlicht auch die Relevanz von Gesetzesänderungen für laufende Verfahren und die Pflicht der Gerichte, die jeweils günstigste Fassung für den Angeklagten anzuwenden.
Schlussfolgerung: Der BGH-Beschluss liefert wichtige Klarstellungen zur Führungsaufsicht und zur Anwendung des § 145a StGB. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für die Strafbarkeit von Weisungsverstößen und die Berücksichtigung von Gesetzesänderungen bei der Strafzumessung. Die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ermöglicht eine erneute Prüfung des Falls unter Berücksichtigung der vom BGH dargelegten Grundsätze.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. November 2024 – 1 StR 357/24