Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 19.12.2024 (Az. I ZR 70/24) ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Der Fall betrifft die Beratungspflicht eines Versicherungsmaklers im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Risikolebensversicherung.
Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann hatten im Jahr 2017 einen Maklervertrag mit dem Beklagten geschlossen. Im Mai 2020 äußerten sie Beratungsbedarf im Bereich der Hinterbliebenenabsicherung. Im Juli 2020 fand ein Beratungsgespräch statt, in dem der Maklervertrag erneuert wurde. Gegenstand des Gesprächs war auch der Abschluss einer Risikolebensversicherung. Im Dezember 2020 verstarb der Ehemann der Klägerin unerwartet. Die Klägerin machte daraufhin Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend, da dieser sie nicht ausreichend über den Abschluss einer Risikolebensversicherung beraten habe.
Zentraler Streitpunkt des Verfahrens war die Frage, ob der Beklagte seine Beratungspflicht gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG verletzt hat. Das Landgericht hatte der Klage der Klägerin teilweise stattgegeben, während das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen hatte. Das Berufungsgericht argumentierte, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin und ihrem Ehemann zum Abschluss einer Risikolebensversicherung zu raten.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf, da dieses das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt habe (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hatte die Parteien nicht erneut angehört, sondern sich auf die Niederschrift der Anhörung in erster Instanz gestützt. Der BGH stellte fest, dass im vorliegenden Fall der persönliche Eindruck der Parteien für die Würdigung ihrer Aussagen entscheidend sei. Da das Landgericht von einer Würdigung der Aussagen der Parteien abgesehen hatte, hätte das Berufungsgericht die Anhörung wiederholen müssen.
Der Beschluss des BGH verdeutlicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess und die Anforderungen an die Beweiswürdigung, insbesondere bei widersprüchlichen Aussagen der Parteien. Der Fall wird nun erneut vom OLG Dresden verhandelt werden müssen. Dabei wird das OLG die Parteien erneut anhören und die Aussagen unter Berücksichtigung der Dokumentationspflicht des Versicherungsmaklers gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 VVG würdigen müssen.
Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Die erneute Verhandlung vor dem OLG Dresden wird zeigen, ob der Beklagte seine Beratungspflicht verletzt hat und ob der Klägerin Schadensersatzansprüche zustehen. Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation der Beratungsgespräche durch Versicherungsmakler und die Notwendigkeit einer umfassenden Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Kunden.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2024 (Az. I ZR 70/24)