Einführung: Ein kürzlich ergangener Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. November 2024 (Az. III ZR 42/24) wirft wichtige Fragen zur Auslegung von Beraterverträgen auf. Der Fall betrifft den Honoraranspruch eines Testamentsvollstreckers für einen verstorbenen Berater, der trotz Vertragsabschluss vor seinem Tod keine Beratungsleistungen erbracht hatte.
Sachverhalt: Der Erblasser war ehemaliger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter eines Unternehmens in der chemischen Industrie. Nach dem Verkauf seiner Anteile schloss er einen Beratervertrag mit dem Unternehmen, der ihm ein monatliches Honorar zusicherte. Der Erblasser verstarb jedoch zehn Monate später, ohne Beratungsleistungen erbracht oder Rechnungen gestellt zu haben. Der Kläger, Testamentsvollstrecker des Erblassers, klagte auf Zahlung des Honorars. Die Beklagte, das Unternehmen, argumentierte, dass die Zahlung von tatsächlichen Beratungsleistungen abhängig gewesen sei.
Rechtliche Probleme: Der zentrale Streitpunkt des Falles liegt in der Auslegung des Beratervertrags. Die Frage ist, ob der Erblasser eine Vergütung für seine bloße Bereitschaft zur Beratung erhalten sollte oder ob die Zahlung an die Erbringung konkreter Leistungen geknüpft war. Weiterhin spielte die Frage der Darlegungs- und Beweislast eine entscheidende Rolle.
Entscheidung und Begründung: Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab der Berufung des Klägers weitgehend statt. Der BGH hob die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zurück. Der BGH rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten. Das OLG hatte neues Vorbringen der Beklagten zum Grund der unterbliebenen Rechnungslegung als präkludiert zurückgewiesen. Der BGH stellte klar, dass die Beklagte nach dem abweichenden Rechtsstandpunkt des OLG die Möglichkeit zur Ergänzung ihres Vortrags hätte erhalten müssen. Das nachvertragliche Verhalten des Erblassers, insbesondere das Unterlassen der Rechnungslegung, könne Rückschlüsse auf den Vertragsinhalt zulassen.
Auswirkungen: Der Beschluss des BGH unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess und die Relevanz nachträglichen Verhaltens für die Vertragsauslegung. Er verdeutlicht, dass Gerichte bei abweichender Beurteilung der Sachlage den Parteien die Möglichkeit geben müssen, ihren Vortrag zu ergänzen und Beweise anzubieten.
Schlussfolgerung: Der BGH hat mit seinem Beschluss die Sache an das OLG zurückverwiesen. Das OLG muss nun das neue Vorbringen der Beklagten berücksichtigen und die angebotenen Beweise erheben. Es bleibt abzuwarten, wie das OLG den Vertrag letztlich auslegen und ob der Kläger seinen Honoraranspruch durchsetzen kann. Der Fall zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Dokumentation im Geschäftsleben sind, um spätere Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. November 2024, Az. III ZR 42/24 (abgerufen vom deutschen Rechtministerium).