Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 14.11.2024 (Az. 3 StR 289/23) die Revisionen zweier Angeklagter in einem umfangreichen Drogenhandelsverfahren teilweise für erfolgreich erklärt. Der Fall betrifft bandenmäßigen Drogenhandel und wirft Fragen zur Bestimmtheit von Selbstleseverfahren sowie zur Einziehung von Wertersatz auf.
Hintergrund: Das Landgericht Aurich hatte die Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Fällen verurteilt. Die Angeklagten waren Teil einer grenzüberschreitend agierenden Gruppierung, die Drogen aus den Niederlanden nach Deutschland importierte und verkaufte. Die Verurteilung basierte unter anderem auf umfangreichen Telefonüberwachungsprotokollen, die im Selbstleseverfahren eingeführt wurden.
Rechtliche Probleme: Die Revisionen der Angeklagten rügten unter anderem die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Ein zentraler Punkt war die Frage, ob die Anordnungen des Vorsitzenden zum Selbstleseverfahren hinreichend bestimmt waren. Die Angeklagten argumentierten, dass der pauschale Ausschluss von "Vernehmungsinhalten" zu unbestimmt sei und den Verfahrensbeteiligten keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung des Beweismaterials biete. Weitere Streitpunkte betrafen die Einziehung von Wertersatz und die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung.
Entscheidung und Begründung: Der BGH stellte fest, dass die Anordnungen zum Selbstleseverfahren hinsichtlich des Ausschlusses von Vernehmungsinhalten teilweise rechtlichen Bedenken begegnen. Die pauschale Formulierung könne zu Unklarheiten über den Umfang des Selbstleseverfahrens führen. Der BGH entschied jedoch, dass dieser Fehler im konkreten Fall nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, da der überwiegende Teil des Beweismaterials unzweifelhaft nicht unter den Begriff "Vernehmungsinhalte" fiel. Das Verfahren wurde in einigen Fällen eingestellt, in denen das Konsumcannabisgesetz anwendbar war. Der BGH korrigierte zudem die Einziehungsbeträge und stellte klar, dass die Angeklagten als Gesamtschuldner für die Wertersatzeinziehung haften.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung der Bestimmtheit von Anordnungen zum Selbstleseverfahren. Obwohl der Fehler im konkreten Fall keine Auswirkungen auf das Urteil hatte, unterstreicht der Beschluss die Notwendigkeit einer präzisen Bezeichnung der im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden. Die Klarstellung zur gesamtschuldnerischen Haftung im Kontext der Wertersatzeinziehung hat ebenfalls Bedeutung für die Praxis.
Schlussfolgerung: Der BGH hat in diesem komplexen Drogenhandelsfall einige wichtige Punkte geklärt. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Verfahrensführung und präziser Formulierungen bei der Anordnung von Selbstleseverfahren. Die Korrektur der Einziehungsbeträge und die Klarstellung zur gesamtschuldnerischen Haftung tragen zur Rechtssicherheit bei.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2024 (Az. 3 StR 289/23)