Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 25. September 2024 (Az. 2 StR 219/24) entschieden, dass bei Vorliegen gesetzlicher Milderungsgründe vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, bevor der Regelstrafrahmen gemildert wird. Dieser Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der korrekten Strafrahmenwahl im deutschen Strafrecht, insbesondere im Kontext von Tötungsdelikten.
Der Angeklagte stach im Zuge einer Trennungssituation mehrfach auf seine Ehefrau ein. Das Landgericht Limburg verurteilte ihn wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Die Messerstiche in den Halsbereich wurden als lebensbedrohlich, aber nicht konkret lebensgefährlich eingestuft. Das Landgericht stellte einen bedingten Tötungsvorsatz fest.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage der korrekten Strafrahmenwahl. Das Landgericht hatte den Regelstrafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB (Totschlag) gem. §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemildert, ohne jedoch zuvor zu prüfen, ob ein minder schwerer Fall des Totschlags gemäß § 213 Alt. 2 StGB vorliegt.
Der BGH hob den Strafausspruch des Landgerichts auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück. Die Richter stellten klar, dass in Fällen, in denen das Gesetz einen minder schweren Fall vorsieht und gleichzeitig gesetzliche Milderungsgründe nach § 49 Abs. 1 StGB gegeben sind, vorrangig die Möglichkeit eines minder schweren Falls zu prüfen ist. Erst wenn nach Abwägung aller Strafzumessungsumstände ein minder schwerer Fall ausgeschlossen wird, dürfen die vertypten Milderungsgründe herangezogen werden, um den Regelstrafrahmen zu mildern.
Das Landgericht hatte diese Prüfungsreihenfolge nicht eingehalten und somit einen möglichen günstigeren Strafrahmen für den Angeklagten nicht berücksichtigt.
Der Beschluss des BGH bekräftigt die ständige Rechtsprechung zur Strafrahmenwahl bei Vorliegen gesetzlicher Milderungsgründe und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung des minder schweren Falls. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis der Strafgerichte und stärkt die Rechte der Angeklagten.
Der BGH hebt mit diesem Beschluss die Wichtigkeit der korrekten Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zur Strafrahmenwahl hervor. Die Entscheidung dient der Rechtssicherheit und gewährleistet eine gerechte Strafzumessung. Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht im Rahmen der Neuverhandlung die Vorgaben des BGH umsetzen wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. September 2024 (Az. 2 StR 219/24), veröffentlicht auf der Website des Bundesgerichtshofs.