Einführung
Ein aktueller Beschluss des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. November 2024 (Az. 2 StR 420/24) verdeutlicht die Auswirkungen des am 1. April 2024 in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, darunter auch Cannabis, verurteilt wurde. Der BGH musste sich mit der Frage auseinandersetzen, welches Recht anzuwenden ist und welche Folgen sich daraus für den Schuldspruch, die Strafzumessung und die Einziehungsentscheidung ergeben.
Sachverhalt
Das Landgericht Gießen hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und Beihilfe dazu in weiteren vier Fällen verurteilt. Zu den gehandelten Substanzen zählten Kokain und Marihuana. Das Urteil umfasste eine Gesamtfreiheitsstrafe sowie die Einziehung von Wertersatz.
Rechtliche Probleme
Die zentrale Rechtsfrage, mit der sich der BGH auseinandersetzen musste, war die Anwendbarkeit des neuen KCanG im Vergleich zum bisherigen Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Insbesondere war zu klären, ob das KCanG im Vergleich zum BtMG für den Angeklagten günstiger ist (§ 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO) und somit rückwirkend anzuwenden ist. Dies betraf sowohl die Frage des Schuldspruchs als auch die Strafzumessung, insbesondere im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen minder schweren Fällen und besonders schweren Fällen.
Entscheidung und Begründung
Der BGH änderte den Schuldspruch teilweise ab. In den Fällen, in denen der Angeklagte mit Cannabis gehandelt hatte, wurde der Schuldspruch an das KCanG angepasst. Der BGH stellte fest, dass das KCanG in diesen Fällen günstiger für den Angeklagten ist. Dies betraf auch einen Fall, in dem das Landgericht einen minder schweren Fall nach dem BtMG angenommen hatte. Der BGH begründete dies damit, dass die vom Landgericht festgestellten mildernden Umstände, wie die geringe THC-Konzentration des Marihuanas, auch unter dem KCanG zu einer milderen Bewertung geführt hätten.
Die Änderung des Schuldspruchs führte zur Aufhebung der entsprechenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Außerdem hob der BGH die Einziehungsentscheidung teilweise auf, da Unklarheit darüber bestand, ob eine frühere Einziehungsanordnung bereits vollstreckt war.
Auswirkungen
Der Beschluss verdeutlicht die praktische Relevanz des KCanG für laufende Verfahren und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Anwendbarkeit des neuen Rechts. Er zeigt, dass auch bei Taten, die vor Inkrafttreten des KCanG begangen wurden, eine Überprüfung des Schuldspruchs und der Strafzumessung anhand des neuen Rechts erforderlich sein kann. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Rechtspraxis und unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsgebots günstigeren Rechts im Strafrecht.
Schlussfolgerung
Der BGH-Beschluss liefert wichtige Hinweise zur Anwendung des KCanG in der Praxis. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in weiteren Fällen positionieren wird und welche langfristigen Auswirkungen das KCanG auf das Strafrecht haben wird.
Quellen