Einleitung: Ein aktueller Beschluss des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. September 2024 (Az. 2 StR 87/24) verdeutlicht die Auswirkungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis verurteilt worden war. Der BGH musste aufgrund der Gesetzesänderung den Schuldspruch und den Strafausspruch anpassen.
Der Angeklagte wurde im ersten Rechtsgang vom Landgericht Wiesbaden wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach erfolgreicher Revision wurde der Fall an das Landgericht zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang verurteilte das Landgericht den Angeklagten erneut, diesmal wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in 17 Fällen bandenmäßig und jeweils in Tateinheit mit Entziehung elektrischer Energie. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte erneut Revision ein.
Die zentrale Rechtsfrage des Falles besteht darin, wie sich das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den bestehenden Schuldspruch auswirkt. Cannabis unterliegt seitdem nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sondern dem KCanG. Der BGH hatte zu prüfen, ob und wie diese Gesetzesänderung im vorliegenden Fall anzuwenden ist.
Der BGH hob den Schuldspruch des Landgerichts teilweise auf und änderte ihn dahingehend ab, dass der Angeklagte des bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis in 17 Fällen sowie des Handeltreibens mit Cannabis jeweils in Tateinheit mit Entziehung elektrischer Energie schuldig ist. Die Bezeichnung "unerlaubt" entfiel aufgrund der Gesetzesänderung. Der Strafausspruch wurde ebenfalls aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Der BGH begründete dies damit, dass das KCanG mildere Strafen vorsieht als das BtMG. Das Landgericht muss nun unter Berücksichtigung des KCanG eine neue Strafe festsetzen. Die Einziehungsentscheidung blieb von der Änderung unberührt.
Der Beschluss des BGH verdeutlicht die unmittelbaren Auswirkungen des KCanG auf laufende Strafverfahren. Gerichte sind verpflichtet, die neue Rechtslage zu berücksichtigen und gegebenenfalls Schuldsprüche und Strafen anzupassen. Dies kann zu einer erheblichen Reduzierung der Strafen für Verurteilte führen.
Der vorliegende Fall zeigt die dynamische Entwicklung des Rechts im Bereich der Cannabis-Gesetzgebung. Die Gerichte müssen die sich ändernden Gesetze in ihre Entscheidungen einbeziehen und sicherstellen, dass die Strafen den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.09.2024 - 2 StR 87/24 (abgerufen von der Website des Bundesgerichtshofs)