Einführung: Ein kürzlich ergangener Beschluss des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. September 2024 (Az. 2 StR 87/24) beleuchtet die Anwendung des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren und verdeutlicht die damit verbundenen Herausforderungen in der Rechtsprechung. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen Handeltreibens mit Cannabis und damit zusammenhängenden Delikten verurteilt worden war.
Der Angeklagte wurde im ersten Rechtsgang vom Landgericht Wiesbaden wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und anderen Delikten verurteilt. Nach erfolgreicher Revision wurde das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang verurteilte das Landgericht den Angeklagten erneut, diesmal wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Entziehung elektrischer Energie sowie Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, teilweise in bandenmäßiger Begehung. Gegen dieses Urteil richtete sich die erneute Revision des Angeklagten.
Die zentrale Rechtsfrage des Falles dreht sich um die Anwendung des am 1. April 2024 in Kraft getretenen KCanG. Da Cannabis nun nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fällt, musste der BGH prüfen, ob und inwieweit das neue Recht auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist und welche Auswirkungen dies auf den Schuldspruch und die Strafzumessung hat. Weiterhin waren die zutreffende Anzahl der Taten und die damit verbundene Konkurrenzenlehre zu klären, insbesondere im Hinblick auf die Beihilfehandlungen des Angeklagten.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Wiesbaden teilweise auf. Der Schuldspruch wurde geändert, um dem KCanG Rechnung zu tragen. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wurde in Handeltreiben mit Cannabis nach dem KCanG umgestellt. Der BGH stellte klar, dass das KCanG in diesem Fall milderes Recht darstellt. Die Anzahl der Taten der Beihilfe wurde korrigiert, da das Landgericht die Zusammenfassung mehrerer Beihilfehandlungen zu einer Tat bei gleichzeitiger Förderung einer Haupttat nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Der Strafausspruch wurde aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen, da der BGH nicht ausschließen konnte, dass das Landgericht bei Anwendung der milderen Strafrahmen des KCanG zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Auch die Einziehungsentscheidung wurde korrigiert, da die Berechnung der Taterträge fehlerhaft war.
Der Beschluss verdeutlicht die praktische Anwendung des KCanG auf laufende Verfahren und die Notwendigkeit der Überprüfung von Urteilen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ergangen sind. Er zeigt auch die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Cannabis-bezogenen Delikten im Übergang zwischen BtMG und KCanG. Die Entscheidung des BGH hat Auswirkungen auf die Rechtsprechungspraxis der Instanzgerichte und bietet Orientierung für die Beurteilung ähnlicher Fälle.
Der BGH hat mit seinem Beschluss wichtige Klarstellungen zur Anwendung des KCanG getroffen. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Berücksichtigung des neuen Rechtsrahmens für Cannabis und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der jeweiligen Tatumstände. Das neue Tatgericht wird nun die Vorgaben des BGH umsetzen und eine neue Entscheidung im Einklang mit dem KCanG treffen müssen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.09.2024 - 2 StR 87/24 (abgerufen vom Deutschen Law Ministerium)