Ein kürzlich ergangener Beschluss des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Februar 2025 (Az. 4 StR 396/24) verdeutlicht die Auswirkungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren. Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Hagen (Westfalen) vom 22. Februar 2024 (Az: 49 KLs 41/23) teilweise auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück. Der Fall betrifft zwei Angeklagte, die wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden waren.
Die Angeklagten wurden vom Landgericht Hagen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Sie hatten eine größere Menge Marihuana zum Verkauf sowie kleinere Mengen für den Eigenkonsum vorrätig gehalten. Zusätzlich besaß einer der Angeklagten Kokain für den Eigenbedarf. In der Nähe des Marihuanas befand sich ein Baseballschläger, der nach den Feststellungen des Landgerichts zum Schutz vor Überfällen gedacht war.
Die zentrale Rechtsfrage war, ob das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, obwohl die Taten vor dem Inkrafttreten begangen wurden. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO ist das mildere Gesetz anzuwenden, wenn es nach Begehung der Tat, aber vor der Entscheidung in Kraft tritt.
Der BGH entschied, dass das KCanG anzuwenden ist. Der Besitz des zum Verkauf bestimmten Marihuanas falle nun unter § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG (bewaffnetes Handeltreiben mit Cannabis). Der Besitz der für den Eigenkonsum bestimmten Mengen falle unter § 34 Abs. 1 Nr. 1 a) KCanG (Besitz von Cannabis). Der Besitz von Kokain durch einen der Angeklagten blieb weiterhin nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar. Der BGH änderte den Schuldspruch entsprechend und hob die Strafen auf, da die neuen Strafrahmen des KCanG milder sind und das Landgericht möglicherweise geringere Strafen verhängt hätte.
Der Beschluss verdeutlicht die unmittelbare Auswirkung des KCanG auf laufende Verfahren. Gerichte müssen prüfen, ob das neue Gesetz zu einer milderen Beurteilung führt und die Schuldsprüche und Strafen entsprechend anpassen. Dies unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsverbots im deutschen Strafrecht zugunsten des Angeklagten.
Der BGH-Beschluss liefert eine wichtige Klarstellung zur Anwendung des KCanG in der Praxis. Es ist zu erwarten, dass weitere Fälle dieser Art vor Gericht verhandelt werden, um die genauen Grenzen und Auswirkungen des neuen Gesetzes zu bestimmen. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Anwendbarkeit des KCanG in allen laufenden und zukünftigen Verfahren im Zusammenhang mit Cannabis.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. Februar 2025 (Az. 4 StR 396/24), veröffentlicht auf der Website des Bundesgerichtshofs.