Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 21. Januar 2025 (1 StR 281/24) den Schuldspruch eines Angeklagten aufgrund des neuen Cannabisgesetzes (KCanG) angepasst. Dieser Fall verdeutlicht die Auswirkungen des KCanG auf laufende Verfahren und die Notwendigkeit der Überprüfung von Urteilen im Lichte der neuen Gesetzeslage.
Das Landgericht Mannheim hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen verurteilt. Zwei dieser Fälle betrafen den Handel mit Marihuana in Mengen, die vor Inkrafttreten des KCanG als "nicht geringe Menge" im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) galten.
Die zentrale Rechtsfrage war, ob und wie sich das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den bestehenden Schuldspruch auswirkt. Insbesondere war zu prüfen, ob die Anwendung des KCanG für den Angeklagten günstiger ist als die Anwendung des BtMG.
Der BGH entschied, den Schuldspruch in den beiden vom KCanG betroffenen Fällen anzupassen. Die Anwendung des KCanG führte zu einer günstigeren Bewertung der Taten. Der BGH begründete dies mit § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. §§ 354a, 354 Abs. 1 StPO und stellte fest, dass die Anwendung des § 34 KCanG im Vergleich zu § 29a BtMG ein milderes Ergebnis für den Angeklagten ergebe. Der BGH hob die entsprechenden Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück. Das Landgericht muss nun die Strafzumessung unter Berücksichtigung des KCanG neu vornehmen.
Zusätzlich wies der BGH das Landgericht an, den Vollstreckungsstand eines früheren Strafbefehls gegen den Angeklagten zu berücksichtigen.
Der BGH bestätigte außerdem die Zulässigkeit der Verwertung von über die Messenger-App „Anom“ ausgetauschten Nachrichten und verwies dabei auf sein Urteil vom 9. Januar 2025 – 1 StR 54/24. Die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis und das allgemeine Persönlichkeitsrecht wurden als gering bewertet.
Dieser Beschluss verdeutlicht die unmittelbaren Auswirkungen des KCanG auf die Rechtsprechung. Er zeigt, dass Gerichte bestehende Urteile überprüfen und gegebenenfalls anpassen müssen, wenn die neue Gesetzeslage für den Angeklagten günstiger ist. Der Fall unterstreicht die Bedeutung des Rückwirkungsverbots im Strafrecht zugunsten des Angeklagten.
Der BGH-Beschluss liefert wichtige Hinweise zur Anwendung des KCanG in der Praxis. Es ist zu erwarten, dass weitere Fälle dieser Art vor Gericht verhandelt werden. Die Rechtsprechung wird in Zukunft die genauen Konturen der Anwendung des KCanG weiter präzisieren müssen.