Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 11.07.2024 ein wichtiges Urteil (Az. III R 30/23) zur Ausschlussfrist für Kindergeldansprüche bei Wanderarbeitnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten gefällt. Das Urteil klärt die Anwendung des § 66 Abs. 3 EStG a.F. im Kontext des Europarechts und hat erhebliche Auswirkungen für betroffene Familien.
Sachverhalt
Der Fall betraf einen Wanderarbeitnehmer, der in Deutschland arbeitete und die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld erfüllte. Der Antrag auf Kindergeld wurde jedoch erst nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG a.F. bei der zuständigen deutschen Familienkasse gestellt. Im vorhergehenden Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg (FG Nürnberg, Urteil vom 04.05.2023, Az: 8 K 472/21) wurde die Klage des Klägers abgewiesen.
Rechtsfragen
Der BFH hatte zu klären, ob die nationale Ausschlussfrist mit dem Europarecht vereinbar ist und ob ein im Ausland gestellter Antrag die Frist wahren kann. Insbesondere war die Bedeutung des Prinzips der europaweiten Antragsgleichstellung (Art. 81 der VO (EG) Nr. 883/2004) zu prüfen.
Entscheidung und Begründung
Der BFH entschied, dass § 66 Abs. 3 EStG a.F. europarechts- und verfassungskonform ist. Ein im Ausland gestellter Antrag kann die Frist wahren, wenn er dem Prinzip der europaweiten Antragsgleichstellung entspricht. Allerdings ist eine Antragsgleichstellung ausgeschlossen, wenn der Antrag im Wohnmitgliedstaat gestellt wurde, bevor ein Auslandsbezug bestand (unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 29.09.2022 - C-3/21). Weiterhin stellte der BFH klar, dass bei Vorliegen eines Auslandsbezugs, aber fehlender Mitteilung des grenzüberschreitenden Sachverhalts an die Behörden, der bloße Empfang wiederkehrender Leistungen keinen Antrag darstellt (unter Verweis auf EuGH, Urteile vom 29.09.2022 - C-3/21 und 25.04.2024 - C-36/23).
Auswirkungen
Das Urteil bestätigt die Gültigkeit der Ausschlussfrist, betont aber gleichzeitig die Bedeutung der europaweiten Antragsgleichstellung. Wanderarbeitnehmer müssen sicherstellen, dass sie ihren Anspruch rechtzeitig und unter Berücksichtigung der relevanten europarechtlichen Bestimmungen geltend machen. Die Mitteilung des grenzüberschreitenden Sachverhalts an die zuständigen Behörden ist entscheidend für die Wahrung der Frist.
Schlussfolgerung
Das BFH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Kindergeld-Ausschlussfrist bei Wanderarbeitnehmern. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Antragstellung unter Beachtung der nationalen und europäischen Rechtsvorschriften. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt.
Quellen