Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Juli 2024 (Az. III R 34/23) klärt wichtige Fragen zur Anwendung der Ausschlussfrist für Kindergeldansprüche bei Wanderarbeitnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Das Urteil bestätigt die Europarechtskonformität der nationalen Regelung und präzisiert die Bedingungen für die Antragsgleichstellung im grenzüberschreitenden Kontext.
Der Fall betraf einen Wanderarbeitnehmer, der die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld in Deutschland erfüllte. Der Antrag auf Kindergeld wurde jedoch erst nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist gemäß § 66 Abs. 3 EStG a.F. bei der zuständigen deutschen Familienkasse gestellt. Im vorherigen Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg (FG Nürnberg, Urteil vom 21. Juni 2023, Az: 3 K 475/21) wurde die Klage des Klägers abgewiesen.
Zentrale Rechtsfragen des Verfahrens waren die Europarechtskonformität der deutschen Ausschlussfristregelung und die Möglichkeit der Wahrung dieser Frist durch einen im Ausland gestellten Antrag unter Berücksichtigung des Prinzips der europaweiten Antragsgleichstellung (Art. 81 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).
Der BFH entschied, dass § 66 Abs. 3 EStG a.F. mit Europarecht und Verfassung vereinbar ist. Die Ausschlussfrist kann durch einen im Ausland gestellten Antrag gewahrt werden, wenn dieser nach dem Prinzip der europaweiten Antragsgleichstellung zu berücksichtigen ist.
Entscheidend ist jedoch, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung im Wohnmitgliedstaat bereits ein Auslandsbezug vorlag. Fehlt dieser, wie vom EuGH im Fall Chief Appeals Officer u.a. (Urteil vom 29.09.2022 - C-3/21) entschieden, greift die Antragsgleichstellung nicht.
Weiterhin stellte der BFH klar, dass der bloße Empfang wiederkehrender Leistungen keinen Antrag darstellt, wenn der Wanderarbeitnehmer den grenzüberschreitenden Sachverhalt weder den Behörden im Wohn- noch im Tätigkeitsmitgliedstaat mitgeteilt hat. Diesbezüglich bezog sich der BFH auf die EuGH-Urteile Chief Appeals Officer u.a. (29.09.2022 - C-3/21) und Familienkasse Sachsen (25.04.2024 - C-36/23).
Das Urteil präzisiert die Anforderungen an die Antragstellung für Kindergeld bei Wanderarbeitnehmern und stärkt die Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Kontext. Es unterstreicht die Bedeutung der frühzeitigen Information der zuständigen Behörden über den Auslandsbezug.
Das BFH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Kindergeld-Ausschlussfrist bei Wanderarbeitnehmern. Die Entscheidung betont die Bedeutung der europarechtlichen Vorgaben und die Notwendigkeit einer aktiven Mitteilung des grenzüberschreitenden Sachverhalts durch den Antragsteller. Zukünftige Fälle werden zeigen, wie diese Grundsätze in der Praxis umgesetzt werden.
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