Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 11.07.2024 ein wichtiges Urteil (Az. III R 33/23) zur Ausschlussfrist für Kindergeldansprüche bei Wanderarbeitnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten gefällt. Das Urteil klärt die Voraussetzungen, unter denen die sechmonatige Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG a.F. durch einen im Ausland gestellten Antrag gewahrt werden kann und bestätigt die Europarechtskonformität der Regelung.
Sachverhalt
Der Fall betraf einen Wanderarbeitnehmer, der die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld in Deutschland erfüllte, seinen Antrag jedoch erst nach Ablauf der sechmonatigen Ausschlussfrist bei der deutschen Familienkasse stellte. Im vorhergehenden Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg (Az: 3 K 471/21) wurde die Klage des Klägers abgewiesen.
Rechtliche Fragen
Der BFH hatte zu klären, ob die nationale Regelung des § 66 Abs. 3 EStG a.F. mit dem Europarecht vereinbar ist und ob ein im Ausland gestellter Antrag die Ausschlussfrist wahren kann. Insbesondere war die Anwendung des Prinzips der europaweiten Antragsgleichstellung (Art. 81 der VO (EG) Nr. 883/2004) im Kontext der Kindergeld-Ausschlussfrist zu prüfen.
Entscheidung und Begründung
Der BFH entschied, dass § 66 Abs. 3 EStG a.F. europarechts- und verfassungskonform ist. Ein im Ausland gestellter Antrag kann die Ausschlussfrist wahren, wenn er nach dem Prinzip der europaweiten Antragsgleichstellung zu berücksichtigen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Antrag im Wohnmitgliedstaat zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, als noch kein Auslandsbezug vorlag, wie der EuGH in seinem Urteil vom 29.09.2022 (C-3/21) festgestellt hat. Liegt ein Auslandsbezug vor und teilt der Antragsteller den grenzüberschreitenden Sachverhalt weder den Behörden im Wohnmitgliedstaat noch im Tätigkeitsstaat mit, gilt der bloße Empfang wiederkehrender Leistungen nicht als Antrag (EuGH-Urteile C-3/21 und C-36/23).
Auswirkungen
Das Urteil bestätigt die Bedeutung der rechtzeitigen Antragstellung für Kindergeldansprüche bei Wanderarbeitnehmern und präzisiert die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von im Ausland gestellten Anträgen. Es stärkt die Rechtssicherheit für Betroffene und die zuständigen Behörden im Umgang mit grenzüberschreitenden Kindergeldansprüchen.
Schlussfolgerung
Das BFH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Kindergeld-Ausschlussfrist bei Wanderarbeitnehmern. Es unterstreicht die Notwendigkeit der aktiven Mitteilungspflicht des Antragstellers bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, um die Wahrung der Ausschlussfrist sicherzustellen. Zukünftige Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH zum Thema der Antragsgleichstellung bleiben abzuwarten.
Quellen