Einleitung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einem Beschluss vom 3. Februar 2025 (Az.: 3 BN 4/24) ein Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts aufgehoben, das die Klage einer Sonnenstudiobetreiberin gegen coronabedingte Betriebsschließungen abgewiesen hatte. Der Fall wirft wichtige Fragen zur Zulässigkeit von Normenkontrollanträgen gegen außer Kraft getretene Verordnungen auf.
Die Antragstellerin, Betreiberin eines Sonnenstudios, klagte gegen die Schließung ihres Betriebs aufgrund der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) vom 12. Februar 2021. Nach Außerkrafttreten dieser Verordnung änderte sie ihren Antrag und richtete ihn gegen die inhaltsgleiche Regelung der Nachfolgeverordnung vom 5. März 2021. Das Oberverwaltungsgericht lehnte die Klage ab, da es die Antragsänderung für unzulässig und den ursprünglichen Antrag als zurückgenommen ansah.
Zentraler Streitpunkt war die Zulässigkeit der Antragsänderung. Das Oberverwaltungsgericht verneinte die Sachdienlichkeit der Änderung, da sich sowohl die tatsächlichen Verhältnisse als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert hätten. Weiterhin sah es den ursprünglichen Antrag als zurückgenommen an, da die Antragstellerin diesen nach der Antragsänderung nicht explizit aufrechterhalten habe. Die Antragstellerin rügte die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und machte geltend, dass ihr ursprünglicher Antrag weiterhin verfolgt werden sollte.
Das BVerwG hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Es stellte fest, dass das Oberverwaltungsgericht die Auslegung des Antragsbegehrens der Antragstellerin fehlerhaft vorgenommen hatte. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ließ der Schriftsatz der Antragstellerin vom 15. März 2021 Raum für die Interpretation, dass der ursprüngliche Antrag hilfsweise aufrechterhalten werden sollte. Das Oberverwaltungsgericht hätte das spätere Vorbringen der Antragstellerin berücksichtigen müssen, welches den ursprünglichen Antrag explizit aufrechterhielt. Das BVerwG sah darin einen Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des Urteils führte.
Die Entscheidung des BVerwG unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Auslegung von Prozesserklärungen, insbesondere im Zusammenhang mit Antragsänderungen. Sie verdeutlicht, dass Gerichte die Interessenlage der Antragsteller und das gesamte Vorbringen berücksichtigen müssen, um das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Die Entscheidung stärkt das Recht auf effektiven Rechtsschutz, indem sie verhindert, dass Antragsteller durch formale Fehler ihren Anspruch auf eine Sachentscheidung verlieren.
Der Fall verdeutlicht die prozessualen Herausforderungen bei der gerichtlichen Überprüfung von zeitlich befristeten Rechtsnormen. Das BVerwG hat klargestellt, dass die Auslegung von Prozesserklärungen unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens zu erfolgen hat. Es bleibt abzuwarten, wie das Oberverwaltungsgericht im weiteren Verfahren über die Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Antrags entscheiden wird.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.02.2025 - 3 BN 4/24