Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall beleuchtet die Bedeutung der Rechtskraft von Gerichtsurteilen im Kontext der betrieblichen Altersversorgung. Die Klage einer ehemaligen Mitarbeiterin auf höhere Versorgungsleistungen wurde aufgrund eines früheren rechtskräftigen Urteils als unzulässig abgewiesen.
Die Klägerin, eine ehemalige Sachbearbeiterin eines kirchlichen Verbandes, bezog nach ihrem Renteneintritt Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt. Sie klagte auf zusätzliche Leistungen basierend auf einer früheren kirchlichen Verordnung (VKAV 1994), die jedoch durch spätere Regelungen (KAV 1997, ZVG 1997) abgelöst worden war. Bereits in einem früheren Verfahren hatte die Klägerin erfolglos auf Leistungen nach der VKAV 1994 geklagt. Das Sächsische Landesarbeitsgericht wies die Klage ab und das BAG wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. In einem späteren Verfahren entschied das BAG jedoch zugunsten einer anderen Klägerin, dass die Ablösung der VKAV 1994 durch die KAV 1997 und das ZVG 1997 gegen den Vertrauensschutz verstieß. Daraufhin wurde die KAV 1997 geändert (KAV 2016) und die Klägerin erhielt eine Ergänzungsleistung. Im vorliegenden Verfahren klagte sie erneut auf weitere Leistungen.
Zentraler Punkt des Rechtsstreits war die Frage, ob die rechtskräftige Abweisung der Klage im Vorprozess der erneuten Klage entgegensteht. Weiterhin stellte sich die Frage, ob die Klägerin Ansprüche auf Grundlage der VKAV 1994 oder der KAV 2016 geltend machte und ob die nachträglichen Änderungen der KAV die Rechtskraft des vorherigen Urteils durchbrachen.
Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück. Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da der Streitgegenstand mit dem des Vorprozesses identisch war und somit die Rechtskraft des vorherigen Urteils einer erneuten Entscheidung entgegensteht. Die nachträglichen Entwicklungen, insbesondere die Entscheidung des BAG zugunsten einer anderen Klägerin und die Änderung der KAV, änderten nichts an den für die Entscheidung im Vorprozess maßgeblichen Tatsachen. Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt der Ablösung der VKAV 1994 noch keine unverfallbaren Anwartschaften erworben. Das BAG korrigierte das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit, als es über einen Anspruch der Klägerin auf Grundlage der KAV 2016 entschieden hatte, da die Klägerin ihre Klage nicht darauf gestützt hatte.
Die Entscheidung des BAG unterstreicht die Bedeutung der Rechtskraft von Gerichtsurteilen. Sie verdeutlicht, dass selbst eine spätere, abweichende Rechtsprechung des BAG die Rechtskraft eines früheren Urteils nicht aufhebt, wenn die maßgeblichen Tatsachen unverändert geblieben sind.
Der Fall verdeutlicht die Komplexität von Rechtsstreitigkeiten im Bereich der betrieblichen Altersversorgung und die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Rechtskraftwirkung früherer Entscheidungen. Die Entscheidung des BAG dürfte für ähnliche Fälle richtungsweisend sein.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2024 - 3 AZR 179/23