Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29. Oktober 2024 einen wichtigen Beschluss zum Ausreisegewahrsam gefasst, der die Voraussetzungen für dessen Anordnung bei Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe präzisiert. Der Beschluss klärt die Frage, unter welchen Umständen eine Inhaftierung als unverschuldete Verhinderung der Ausreise im Sinne des § 62b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu werten ist.
Der Fall betrifft einen Ausländer, gegen den eine vollziehbare Ausreisepflicht bestand. Während der laufenden Ausreisefrist verbüßte der Betroffene eine Ersatzfreiheitsstrafe. Gemäß dem Beschluss hatte der Betroffene die Straftat begangen, ohne Kenntnis darüber zu haben, wann seine Ausreisefrist begann und endete.
Kernfrage des Verfahrens war, ob die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in diesem Fall eine unverschuldete Hinderung an der Ausreise im Sinne des § 62b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG darstellt. Diese Bestimmung erlaubt die Anordnung von Ausreisegewahrsam, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist.
Der BGH entschied, dass der Betroffene in diesem spezifischen Fall unverschuldet an der Ausreise gehindert war. Die Begründung stützt sich darauf, dass der Betroffene die Straftat, die zur Ersatzfreiheitsstrafe führte, begangen hatte, ohne Kenntnis über den Beginn und das Ende seiner Ausreisefrist. Damit fehlte ihm das Wissen, um die Inhaftierung und die damit einhergehende Verhinderung der Ausreise zu vermeiden.
Der Beschluss des BGH präzisiert die Anwendung des § 62b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und hat Auswirkungen auf die Praxis der Ausreisegewahrsamsanordnung. Er verdeutlicht, dass die Unverschuldetheit der Hinderung an der Ausreise im Einzelfall genau geprüft werden muss und die Kenntnis des Betroffenen über die Ausreisefrist eine entscheidende Rolle spielt.
Der BGH-Beschluss vom 29. Oktober 2024 liefert eine wichtige Klarstellung zur Anordnung von Ausreisegewahrsam bei Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der individuellen Prüfung der Umstände im jeweiligen Fall und stärkt die Rechte von Ausländern, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Oktober 2024 - XIII ZB 53/21 (ECLI:ECLI:DE:BGH:2024:291024BXIIIZB53.21.0), veröffentlicht auf der Website des Bundesgerichtshofs.