Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 24. September 2024 in einem wegweisenden Urteil (Az.: X ZR 109/23) die Rechte von Fluggästen bei Annullierungen weiter gestärkt. Das Urteil präzisiert die Pflichten von Fluggesellschaften zur Ersatzbeförderung und hat erhebliche Auswirkungen auf die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen.
Der Fall betrifft die Annullierung eines Fluges. Die Fluggesellschaft bot dem betroffenen Fluggast eine Ersatzbeförderung an, jedoch nicht mit dem nächstmöglichen Flug. Stattdessen wurde ein späterer Flug des gleichen Luftfahrtunternehmens angeboten, obwohl eine frühere Beförderung durch ein anderes Unternehmen möglich gewesen wäre.
Kernfrage des Verfahrens war die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (EG-VO 261/2004). Konkret ging es darum, welche Maßnahmen von einer Fluggesellschaft als "zumutbar" im Sinne der Verordnung anzusehen sind, um Fluggäste nach einer Annullierung zu befördern. Insbesondere wurde die Frage diskutiert, ob die Fluggesellschaft verpflichtet ist, alternative Beförderungsmöglichkeiten durch andere Unternehmen anzubieten, auch wenn sie selbst noch am selben Tag eine Ersatzbeförderung anbieten kann.
Der BGH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung und entschied, dass zu den zumutbaren Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO auch das Angebot einer alternativen Beförderung durch ein anderes Luftfahrtunternehmen gehört, wenn diese zu einer früheren Ankunft führt als der angebotene Flug des annullierenden Unternehmens. Dies gilt auch dann, wenn die Fluggesellschaft selbst noch am gleichen Tag eine Ersatzbeförderung anbieten kann. Ausnahme ist nur dann gegeben, wenn die alternative Beförderung für das annullierende Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen würde.
Das Urteil stärkt die Rechte von Fluggästen erheblich. Fluggesellschaften sind nun verpflichtet, aktiv nach alternativen Beförderungsmöglichkeiten zu suchen und diese den betroffenen Fluggästen anzubieten, um deren Reisezeit bestmöglich zu optimieren. Dies kann zu einer Zunahme von Ausgleichszahlungsansprüchen führen, wenn Fluggesellschaften dieser Verpflichtung nicht nachkommen.
Die Entscheidung des BGH stellt eine wichtige Klarstellung der Fluggastrechte dar und unterstreicht die Bedeutung einer kundenorientierten Handhabung von Flugannullierungen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung in der Praxis auswirken wird und ob weitere Klärungen durch den Europäischen Gerichtshof erforderlich sein werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. September 2024 - X ZR 109/23 (ECLI:ECLI:DE:BGH:2024:240924UXZR109.23.0), abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs.