Einführung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 05.12.2024 (Az.: 2 C 7/24) entschieden, dass ein Prüfungsausschuss auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Prüfungsordnung einen Teil einer beamtenrechtlichen Laufbahnprüfung annullieren kann, wenn das Prüfungsverfahren Mängel aufweist. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Chancengleichheit von Prüfungsteilnehmern und die Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung.
Der Fall betraf einen Prüfling, der gegen die Annullierung eines Teils seiner beamtenrechtlichen Laufbahnprüfung geklagt hatte. Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden und das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatten die Klage zuvor abgewiesen. Der Kläger argumentierte, dass die Prüfungsordnung keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für die Annullierung eines Prüfungsteils durch den Prüfungsausschuss enthielt.
Die zentrale Rechtsfrage war, ob die Annullierung eines Prüfungsteils auch ohne ausdrückliche Regelung in der Prüfungsordnung rechtmäßig sein kann. Der Fall wirft die Frage auf, inwieweit der Grundsatz der Chancengleichheit und die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung die Annullierung einer Prüfung rechtfertigen können, selbst wenn die Prüfungsordnung keine explizite Ermächtigungsgrundlage vorsieht.
Das BVerwG bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und wies die Revision des Klägers zurück. Das Gericht argumentierte, dass die Annullierung eines Prüfungsteils zur Wahrung der Chancengleichheit aller Prüfungsteilnehmer und zur Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich sein kann, selbst wenn die Prüfungsordnung keine ausdrückliche Ermächtigung enthält. Das BVerwG stützte seine Entscheidung auf eine analoge Anwendung des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Dieser Paragraph ermöglicht es Behörden, rechtswidrige Verwaltungsakte zurückzunehmen.
Die Entscheidung des BVerwG stärkt die Position der Prüfungsbehörden und unterstreicht die Bedeutung der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren. Sie verdeutlicht, dass Prüfungsausschüsse auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Prüfungsordnung handeln können, um die Integrität des Prüfungsverfahrens zu gewährleisten. Dies kann dazu beitragen, dass fehlerhafte Prüfungen korrigiert und die Chancengleichheit aller Prüfungsteilnehmer sichergestellt wird.
Das Urteil des BVerwG vom 05.12.2024 (Az.: 2 C 7/24) stellt eine wichtige Klarstellung im Beamtenrecht dar. Es bekräftigt die Bedeutung der Chancengleichheit und der Gesetzmäßigkeit im Prüfungsverfahren und gibt den Prüfungsbehörden mehr Flexibilität bei der Korrektur von fehlerhaften Prüfungen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entscheidung in der Praxis auswirken wird und ob sie zu Anpassungen der Prüfungsordnungen führen wird.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.12.2024, Az.: 2 C 7/24