Annahmeverzugsvergütung: BAG stärkt Arbeitnehmerrechte
Einführung
Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall (5 AZR 135/24 vom 15.01.2025) hat bedeutende Auswirkungen auf das Verständnis der Annahmeverzugsvergütung und die Pflichten von Arbeitnehmern zur Minderung des Verdienstausfalls. Das Urteil klärt wichtige Fragen zur Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, der Anrechnung von Zwischenverdienst und der Zumutbarkeit von Änderungsangeboten.
Sachverhalt
Die Klägerin war seit 2011 als Verwaltungsangestellte in Teilzeit bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2021 und bot eine Fortsetzung zu geänderten Bedingungen mit reduzierter Arbeitszeit und möglicher Versetzung an. Die Klägerin lehnte ab und klagte gegen die Kündigung. Im Zeitraum vom 01.04.2021 bis 14.02.2023 bezog sie Arbeitslosengeld und bewarb sich auf verschiedene Stellen. Die Beklagte sprach im Mai 2021 eine weitere, fristlose Kündigung aus, die ebenfalls gerichtlich angefochten wurde. Schließlich stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbestand. Die Klägerin verlangte Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum zwischen dem 01.04.2021 und dem 14.02.2023 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes.
Rechtliche Probleme
Das BAG hatte sich mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen:
- War die Klägerin im Streitzeitraum leistungsfähig?
- Hat die Klägerin es böswillig unterlassen, Zwischenverdienst zu erzielen?
- War ihr die Annahme des Änderungsangebots zumutbar?
Entscheidung und Begründung
Das BAG gab der Revision der Klägerin statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der vollständigen Annahmeverzugsvergütung. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin leistungsfähig war, da sie sich aktiv um Arbeit bemühte und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Entscheidend war die Feststellung, dass der Klägerin die Annahme des Änderungsangebots nicht zumutbar war, da die angebotene Vergütung unter dem Arbeitslosengeld I lag. Das BAG betonte, dass eine Tätigkeit, bei der der Nettoverdienst unter dem Arbeitslosengeld I liegt, während des Bezugszeitraums dieser Leistung nicht zumutbar ist. Die Beklagte konnte auch nicht darlegen, dass die Klägerin es böswillig unterlassen habe, Zwischenverdienst zu erzielen. Die Klägerin hatte sich auf verschiedene Stellen beworben und ihren Auskunftspflichten gegenüber der Beklagten nachgekommen.
Auswirkungen
Das Urteil des BAG stärkt die Rechte von Arbeitnehmern im Annahmeverzug. Es verdeutlicht, dass die Zumutbarkeit von Änderungsangeboten im Kontext des § 11 Nr. 2 KSchG eng auszulegen ist und Arbeitnehmer nicht gezwungen werden können, eine schlechter bezahlte Tätigkeit anzunehmen, solange sie Arbeitslosengeld I beziehen. Das Urteil präzisiert zudem die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich der Leistungsunfähigkeit und des böswillig unterlassenen Zwischenverdienstes.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung des BAG liefert wichtige Klarstellungen zum Thema Annahmeverzugsvergütung und unterstreicht die Bedeutung der Zumutbarkeit von Arbeitsangeboten. Das Urteil dürfte zukünftige Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich beeinflussen und Arbeitnehmern eine stärkere Position in Verhandlungen mit Arbeitgebern verschaffen.
Quellen:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.01.2025 - 5 AZR 135/24 (Quelle: Deutsches Bundesarbeitsgericht)